Passo dello Stelvio

( Stilfser Joch )

Das Stilfser Joch (auch Stilfserjoch oder veraltet Wormser Joch, italienisch Passo dello Stelvio) ist ein Gebirgspass in den Ortler-Alpen. Mit einer Höhe von 2757 m s.l.m. ist das Stilfser Joch der höchste durch eine asphaltierte Straße, die SS 38, erschlossene Gebirgspass in Italien und nach dem Col de l’Iseran der zweithöchste Gebirgspass der Alpen. Es verbindet Bormio im Veltlin (Lombardei) mit Prad im Vinschgau (Südtirol) und trennt den Ortler-Hauptkamm vom Chavalatschkamm. Auf der Westseite mündet auf 2503 m die vom Umbrailpass kommende SS 38 dir/B ein. Ebenso auf dieser Seite durchfährt man etwas tiefer gelegen mehrere Kurztunnel. An der Ostrampe, die ins Trafoital hinabführt, kann man in Gomagoi (1260 m) auf die SS 6Weiterlesen

Das Stilfser Joch (auch Stilfserjoch oder veraltet Wormser Joch, italienisch Passo dello Stelvio) ist ein Gebirgspass in den Ortler-Alpen. Mit einer Höhe von 2757 m s.l.m. ist das Stilfser Joch der höchste durch eine asphaltierte Straße, die SS 38, erschlossene Gebirgspass in Italien und nach dem Col de l’Iseran der zweithöchste Gebirgspass der Alpen. Es verbindet Bormio im Veltlin (Lombardei) mit Prad im Vinschgau (Südtirol) und trennt den Ortler-Hauptkamm vom Chavalatschkamm. Auf der Westseite mündet auf 2503 m die vom Umbrailpass kommende SS 38 dir/B ein. Ebenso auf dieser Seite durchfährt man etwas tiefer gelegen mehrere Kurztunnel. An der Ostrampe, die ins Trafoital hinabführt, kann man in Gomagoi (1260 m) auf die SS 622 in das innere Suldental abzweigen. Auf der Ostseite liegt das Berghotel Franzenshöhe (2188 m).

Die Passstraße ist durchgängig asphaltiert und in der Regel zwischen Ende Mai und November für den Verkehr geöffnet. Die Westrampe von Bormio wird meist etwas früher für den Verkehr geöffnet. Während der kurzen Öffnungszeit herrscht auf dieser Straße starkes Verkehrsaufkommen, vor allem durch Tourismus- und Freizeitfahrten. In der ersten Juliwoche treffen sich jedes Jahr hunderte Motorradfahrer („Internationales Treffen“).

Das Gebiet um den Pass ist seit 1935 Teil vom Nationalpark Stilfserjoch.

Das Stilfser Joch, benannt nach der Ortschaft Stilfs östlich des Passes, gehörte nie zu den überregional bedeutenden Pässen; es stand bis zum Bau der Stilfser-Joch-Straße immer im Schatten des Umbrailpasses. Dieser wurde früher „Wormser Joch“ genannt (nach der Ortschaft Bormio, zu deutsch Worms). Das Stilfser Joch nannte man einst „Wormser Steig“. Funde lassen vermuten, dass er schon in der Bronzezeit begangen wurde.

In der Römerzeit führte ein Saumweg über den Pass. Er hatte eine gewisse Bedeutung, weil er einen schnellen Zugang und Flankenschutz für die über den Reschenpass führende Via Claudia Augusta bot.

Im Mittelalter wurde das Stilfser Joch noch als Passüberquerung genutzt, in der Frühen Neuzeit nicht einmal mehr von Einheimischen. Im Dreißigjährigen Krieg bedienten sich seiner mehrfach kriegsführende Parteien zu Truppenbewegungen. So nutzten es im Jahr 1632 mailändische Truppen, um Erzherzog Leopold beizustehen. Im Jahr darauf wählte es ein mailändisches Heer mit 12.000 Soldaten und 1600 Pferden, während der Herzog von Feria mit seinem Gefolge den Weg über das Wormser Joch nahm. 1634 zog der spanische Kardinalinfant Don Fernando, Bruder des spanischen Königs Philipp IV., mit 21.000 spanischen Soldaten über das Stilfser Joch in den Vinschgau.

 Postkutsche auf dem Stilfser Joch, 1881

Um die Passverbindungen nach Norden zu verbessern, wollte Bormio im Jahre 1795 einen der alten Wege, die über das Wormser bzw. Stilfser Joch führten, zu einem Karrenweg (meist einspuriger ländlicher Fahrweg) ausbauen. Der Widerstand der Engadiner, die befürchteten, dass damit der bisherige durch das Engadin führende Handelsverkehr zum Reschen abgelenkt werden würde, verhinderte einen Ausbau. Als im Jahr 1808 Bayern mit italienischen Gebieten einen Handelsvertrag abschloss, kam es erneut zu Studien zum Bau einer von Bormio nach Norden führenden Passstraße. Neben dem Fraèlepass und dem Wormser Joch betrafen sie vor allem das Stilfser Joch. Die Planung einer weiteren Straße, die über den Gaviapass und durch das Val di Forno ins Martelltal führen sollte, wurde aufgegeben, weil sie zu sehr durch vergletschertes Gebiet geführt hätte. Die Entscheidung fiel auf das Stilfser Joch; ein erstes Projekt einer 2,70 m breiten Straße zwischen Bormio und der Passhöhe wurde entwickelt. Bevor die Planungen über die Passhöhe fortgesetzt werden konnten oder mit dem Bau begonnen werden konnte, änderte sich die politische Lage in Europa so sehr, dass es Wichtigeres gab als den Bau einer Handelsstraße.[1]

 Westrampe des Stilfser Jochs mit der Braulioschlucht

Die etwa 50 km lange Straße über das Stilfser Joch wurde von 1820 bis 1825 vom österreichischen Kaiserreich unter der Leitung von Carlo Donegani[2][Anm. 1] (1775–1845) gebaut, um die Lombardei, die zum Kaiserreich Österreich gehörte, schnellstmöglich mit den anderen Reichsteilen zu verbinden.

In den Sommermonaten arbeiteten bis zu 2000 Arbeiter täglich an der Straße. Die Passstraße konnte nach 5 Jahren und 3 Monaten Bauzeit im Oktober 1825 eingeweiht werden. 1832 nahm Kaiser Franz I. die straßentechnische Meisterleistung offiziell selbst in Augenschein. Sie weist auf der 27,5 km langen Südtiroler Seite 48 Kehren auf, während die 21,7 km lange Westrampe in der Lombardei mit 34 Kehren auskommt. Die sechs Tunnels auf der Auffahrt von Bormio zwischen Bagni Vecchio und dem zweiten Straßenwärterhaus in der Braulioschlucht, die eine Gesamtlänge von fast 700 m ausmachen, stellten die größten bautechnischen Schwierigkeiten dar.[3]

Die besonders stark lawinengefährdete Ostrampe erforderte bald nach der Einweihung den Bau von hölzernen Lawinenschutztunneln, die eine Gesamtlänge von etwa 3.500 m aufwiesen. Bis 1848 war die Passstraße im Winter geöffnet und konnte mit Pferdeschlitten befahren werden. Für die knapp 50 km lange Strecke zwischen Bormio und Prad wurden inklusive mehrerer Pferdewechsel neun Stunden benötigt.[4] Die Straßenführung wurde seit dem Bau kaum verändert. Die kurvenreiche Nordost-Rampe von Prad (915 m) besteht aus 48[2] nummerierten Kehren.

Während der Revolution von 1848 wurde die Passstraße von wenigen lombardischen Aufständischen unpassierbar gemacht, indem sie einige hölzerne Lawinenschutztunnel oberhalb von Trafoi in Brand steckten. Die Leichtigkeit, mit der die Straße blockiert werden konnte, veranlasste Radetzky dazu, als Ausweichrouten die Passstraßen über den Tonale und Aprica ausbauen zu lassen. Infolgedessen verlor die Straße über das Stilfser Joch schnell ihre militärische Bedeutung, der sie noch wenige Jahre zuvor ihre Entstehung zu verdanken hatte. In den italienischen Unabhängigkeitskriegen von 1859 und 1866 spielte sie nur noch eine untergeordnete Rolle, so dass man nach dem Wiener Frieden die österreichische Seite darum bat, die Passstraße wenigstens den Sommer über offen zu halten – seit 1859 verlief die Staatsgrenze zwischen dem Kaisertum Österreich und dem Königreich Italien über das Stilfser Joch.[4]

Am 16. Juli 1876 trug sich am Stilfser Joch ein Mord aus Habgier zu, an den heute ein Gedenkstein zwischen Kehre 32 und 33 erinnert.[5]

Im Ersten Weltkrieg verlief zwischen 1915 und 1918 die Italienfront über das Stilfser Joch. Die einzige größere militärische Aktion fand dabei bereits im Juni 1915 wenige Wochen nach Kriegsbeginn statt, als es den Österreichern gelang, den passbeherrschenden Monte Scorluzzo südwestlich der Passhöhe zu besetzen. Aus der Kriegszeit sind noch Überreste von Stellungsanlagen rund um den Pass zu erkennen.

Mit dem Inkrafttreten des Vertrags von Saint-Germain wurde das Stilfser Joch 1920 zum inneritalienischen Pass. 1925 wurde der einst als Gipfelzeichen für den Ortler entworfene Kaiser-Franz-Joseph-Obelisk, nun freilich ohne Kaiserbild und mit italienischer Inschrift im Geiste des italienischen Faschismus, auf der Passhöhe aufgestellt.

Bis ins 19. Jahrhundert geht die Idee einer Ortlerbahn zurück, einer Bahnverbindung zwischen dem Veltlin und dem Vinschgau bzw. der Bahnstrecke Sondrio–Tirano und der Vinschgaubahn. Das Joch sollte dabei mit einem langen Tunnel unterquert werden. Zusammen mit einer Bahn über den Fernpass und der Reschenscheideckbahn sollte die Ortlerbahn den süddeutschen Raum mit Mailand verbinden.[6] Eine neue Vorstudie zum Bahnprojekt wurde 2015 von der Region Lombardei und der Autonomen Provinz Bozen – Südtirol in Auftrag gegeben und 2016 vorgestellt.

Steffan Bruns: Alpenpässe – Geschichte der alpinen Passübergänge. 1. Auflage. Band 3: Vom Inn zum Gardasee. L. Staackmann Verlag, München 2010, ISBN 978-3-88675-273-7, S. 94. ↑ a b Geschichte der Stilfserjochstraße im Technikmuseum tecneum Luciano Viazzi: Guerre sulle vette. Ortles – Cevedale: 1915–1918. 1. Auflage. Mursia, Mailand 1976, S. 17–18. ↑ a b Luciano Viazzi: Guerre sulle vette. Ortles – Cevedale: 1915–1918. 1. Auflage. Mursia, Mailand 1976, S. 18. Evi Keifl; Anota Rossi: Südtirol der Frauen, Folio-Verlag Bozen 2009, S. 9f. Robert Ritter von Reckenschuß: Die ausgeführten und geplanten großen Alpenbahnen. In: Schriften des Vereins zur Verbreitung naturwissenschaftlicher Kenntnisse Wien, Band 52 (1912), S. 415–483. zobodat.at [PDF; 5,2 MB]


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