Pula

Pula [ˈpuːla] (deutsch und italienisch Pola; slowenisch Pulj) ist mit 51.469 Einwohnern (Stand: 2021) die größte Stadt der kroatischen Gespanschaft Istrien. Die Stadt liegt nahe der Südspitze der Halbinsel Istrien und gehört zur römisch-katholischen Diözese Poreč-Pula.

 Lage von Pula an der Südspitze IstriensUrgeschichte

Die Anwesenheit von Menschen nur 4 km von Pula entfernt ließ sich für das Altpaläolithikum durch Funde in den beiden Šandalja-Höhlen nachweisen, auch als Grotta di San Daniele bekannt. In Šandalja I fand sich ein Chopper, der auf ein Alter von knapp einer Million Jahren geschätzt wurde.[1] Šandalja II bietet die ältesten menschlichen Überreste. Die Funde reichen dabei vom Jungpaläolithikum bis in die Bronzezeit. Eine Radiokohlenstoffdatierung ergab ein Alter von 12.539 ± 369 cal BP. Die stark fragmentierten menschlichen Überreste gehörten zu mindestens zwei, wahrscheinlich drei Erwachsenen (wohl zwei Männern und einer Frau) sowie einem Jugendlichen. Die Menschen waren vergleichsweise klein. Für diese Schichten lässt sich eine große kulturelle Nähe zu italienischen Fundstätten erweisen.

Die bäuerliche Lebensweise wurde durch Zuwanderer aus dem Südosten über die Inseln südlich von Pula und entlang der Küste auch an die Südspitze der Halbinsel gebracht (Neolithikum). Eine der ältesten Siedlungen dürfte Kargadur bei Ližnjan sein, das auf 5710 bis 5630 v. Chr. datiert wurde.[2] Die Siedlung umfasste ursprünglich eine Fläche von 900 m².

Antike  Augustustempel in Pula

Die erste dauerhafte Besiedlung erfolgte durch den illyrischen Stamm der Histri. Sie begann etwa im 10. Jahrhundert v. Chr. Im Gegensatz zu Dalmatien siedelten die Griechen nicht auf der Halbinsel Istrien.

Von Römern im Jahr 177 v. Chr. erobert, wurde der Ort (altgriechisch Πόλαι Pólai) genannt, eine römische Kolonie unter dem Namen Colonia Pietas Iulia Pola. Unter Kaiser Augustus wurde das Amphitheater erbaut, das heute eine der Hauptsehenswürdigkeiten der Stadt ist. Neben dem Amphitheater gibt es aus der augusteischen Zeit den Tempel der Roma und des Augustus, die in Teilen erhaltene Stadtmauer mit Toren und die Überreste von zwei Theatern.

Im 4. Jahrhundert n. Chr. wurde dort zum Schutz der adriatischen Küstengewässer ein Flottenstützpunkt der venezianischen Flotte (classis Venetum) eingerichtet.[3]

Beim Zerfall des Weströmischen Reiches im 5. Jahrhundert gelangte Pula unter die Herrschaft der Ostgoten. Kaiser Justinian konnte Pula im 6. Jahrhundert für das Oströmische Reich (Byzanz) erobern; die Stadt wurde zum Flottenstützpunkt der Byzantiner ausgebaut.

In der zweiten Hälfte des 6. Jahrhunderts drangen die Slawen nach Istrien vor. Die istrischen Küstenstädte, darunter auch Pula, konnten sie aber nicht einnehmen. Dort setzte sich die städtische Kultur der alteingesessenen Romanen bruchlos fort.

Während das istrische Hinterland seit dem Ende des 8. Jahrhunderts Teil des Frankenreichs und später des Heiligen Römischen Reichs war, blieb Pula nominell Teil des byzantinischen Reiches, war aber faktisch unabhängig.

Venezianische Herrschaft  Pula um 1584 „Polla“, Jacob Peeters (1637–1695): Description des principales Villes, Havres et Isles du Golfe de Venise du cote' Oriental, comme aussi des Villes et Forteresses de la Moree et quelques Places de la Grece et des Isles principales de l'Archipel et Forteresses d'jcelles et en Suite quelques Places renommées de la Terre Saincte, et autres dessous la Domination Ottomanne vers le Midÿ et l'Orient, et quelques principales Villes en Perse et le Regne du Grand Mogol, Sur le marché des vieux Souliers, Antwerpen 1690 (Digitalisat)

Mit dem Niedergang der byzantinischen Macht musste sich Pula neue Verbündete suchen. An die Stelle des byzantinischen Kaisers trat seit dem Ende des 11. Jahrhunderts die Republik Venedig. 1150 schloss Pola mit der Lagunenstadt einen Vertrag, durch den sich die Stadt der Herrschaft der Venezianer unterwarf. Seitdem zahlte man Tribut, beteiligte sich am Bau und an der Ausstattung von Galeeren für die venezianische Flotte und entsandte Truppen, wenn die Markusrepublik Krieg führte.

Die Grafen von Görz übten im 13. Jahrhundert erheblichen Einfluss aus und ernannten den Vicarius in Istrien. Der Familie der Sergi gelang es, neben den Görzern die Unterstützung des Patriarchen von Aquileia zu gewinnen und so ab etwa 1294 eine fast selbstständige Herrschaft zu errichten, die sich bis 1319 hielt. 1331 bot der Rat der Stadt die Unterwerfung unter Venedig an, 1335 zerstörten die Einwohner, um eine Rückkehr der Sergi zu verhindern, das Kastell und den Turm über der Stadt. Später wurde ein venezianischer Adliger an die Spitze der Stadtverwaltung gestellt. Bis zum Ende der Republik Venedig im Jahr 1797 blieb Pula Teil dieses Staatswesens, danach wurde es Teil des habsburgischen Herrschaftsbereichs, seit 1804 Kaisertum Österreich genannt.

Österreichische Herrschaft

Nach der Revolution von 1848 war Venedig für die österreichische Marine nicht länger als Hauptkriegshafen tragbar; die Besatzungen der Schiffe im Arsenal hatten sich fast durchgehend dem gegen Österreich gerichteten Aufstand angeschlossen. Zur Auswahl stand der Ausbau von Triest, das bereits einen leistungsfähigen Handelshafen besaß, oder des kleinen Fischerstädtchens Pola, das damals nur ca. 900 Einwohner hatte, dafür aber einen fast perfekten Naturhafen. Marinekommandant Hans Birch Dahlerup favorisierte aufgrund der vorhandenen Infrastruktur vorerst Triest, ließ sich aber bald von den Vorteilen eines völligen Neuanfanges in Pola überzeugen, das auch wesentlich besser zu verteidigen war.

Kaiser Franz Joseph I. kannte die Bucht Pola von einem Besuch 1845 (noch als Erzherzog) und besuchte es erneut 1850; er dürfte persönlich eine wichtige Rolle bei der Entscheidung zugunsten von Pola gespielt haben. 1851 trat der Gemeinderat von Pola vier große Grundstücke zur Errichtung eines neuen Seearsenals kostenfrei an das Militär ab. 1852 lagen erstmals umfassende Pläne für den Ausbau zum österreichischen Hauptkriegshafen vor.

Am 9. Dezember 1856 legte Kaiser Franz Joseph I. offiziell den Grundstein zum Bau des Seearsenals; er befand sich dabei in Begleitung seiner Gemahlin Elisabeth und seines Bruders, des Marinekommandanten Erzherzog Ferdinand Max, der hier vom Kaiser zum Vizeadmiral befördert wurde. Der Bau des Seearsenals war zu diesem Zeitpunkt bereits deutlich fortgeschritten. Deren Nachfolgeunternehmen, die Uljanik-Werft, beruft sich noch heute auf das offizielle Gründungsdatum vom 9. Dezember 1856.

 Historische Karte der näheren Umgebung und des Hafens, um 1896

In den Folgejahren erlebte Pula einen Boom, der praktisch ausschließlich auf den Ausbau zum österreichischen Hauptkriegshafen zurückzuführen war: die Bevölkerung der Stadt wuchs von 900 im Jahr 1848 auf 6551 im Jahr 1857, auf 25.179 im Jahr 1881 und schließlich 58.560 bei der letzten Volkszählung unter österreichischer Herrschaft im Jahr 1910. Sämtliche Großbauten (Werft, Marinekaserne, Maschinenschule, Marinespital, Marinegarnisonskirche, Marinekasino, Hydrographisches Amt mit Sternwarte, Infanteriekaserne, Bahnhof, sozialer Wohnbau, zivile Schulen, Hotels etc.) standen in direkter Verbindung mit dem Ausbau zum k. u. k. Hauptkriegshafen und prägen auch heute noch das gesamte Stadtbild.[4] In der Astronomie ist Pula durch Johann Palisa bekannt, der an der dortigen Marine-Sternwarte von 1874 bis 1880 die ersten 29 seiner 123 Asteroiden entdeckte.

 Hofzug Kaiser Franz Josephs, gebaut 1891 bei Ringhoffer in Prag, am 13. Oktober 1899 im Bahnhof Pula anlässlich eines allerhöchsten Besuchs

In Meyers Konversations-Lexikon[5] waren der Stadt 1896 eineinhalb Druckseiten gewidmet: Pola wurde als Festung ersten Ranges bezeichnet; auf den Hügeln über der Stadt befanden sich 28 Forts, teilweise mit Panzertürmen. Zwischen der Insel Brioni / Brijuni und dem Festland befand sich der Außenhafen; der eigentliche Hafen war 8,6 km² groß, teils Handels-, teils Kriegshafen. Die Marinesektion des k. u. k. Kriegsministeriums betrieb in Pola von Trocken- und Schwimmdocks über die Marineakademie, das Hydrographische Amt, ein Artillerielaboratorium und ein Pulvermagazin bis zum Arsenal (mit 2000 Arbeitern) sämtliche für den Seekrieg wichtigen Einrichtungen. Mit den U-Booten der Monarchie waren im Ersten Weltkrieg auch die U-Boote der U-Flottille Mittelmeer der deutschen Kaiserlichen Marine hier stationiert. Noch heute erinnern der „K. u. k. Marinefriedhof“ an der Ulica Stoja (Via Stoia) und die Anlagen in der Bucht daneben an diese Zeit.

Um 1912 wurde im k. u. k. Kriegshafen Pola eine erste große Funktelegrafenstation – Radiopola – mit großer Reichweite bis zum Atlantik und zum Roten Meer errichtet.[6]

Seit dem Ersten Weltkrieg

Als sich am Ende des Ersten Weltkrieges am 29. Oktober 1918 der neue südslawische Staat bildete und Österreich-Ungarn dadurch seinen Zugang zum Meer verlor, ordnete Kaiser Karl I. am 30. Oktober an, die k. u. k. Kriegsflotte den Südslawen zu übergeben. Am 31. Oktober 1918 nahm Konteradmiral Horthy in Pola befehlsgemäß die Übergabe vor: Die k. u. k. Kriegsflagge wurde eingeholt, die südslawische aufgezogen, südslawische Marineoffiziere übernahmen das Kommando.

Dennoch wurde das Schlachtschiff Viribus Unitis, das nun Jugoslavia hieß und nach wie vor der Stolz der Flotte war, am 1. November 1918 um 6 Uhr früh von zwei italienischen Kampfschwimmern versenkt, die mittels eines umgebauten Torpedos Sprengsätze am Rumpf verteilt und gezündet hatten.[7] Über 400 Seeleute starben, darunter auch der letzte Kommandant des Schiffes, Janko Vuković-Podkapelski; zu seinen und der anderen Gefallenen Ehre wurde in Pola eine Gedenktafel angebracht.

Nach dem Waffenstillstand vom 3. November 1918 wurde Pola bis zum 9. November von italienischen Truppen besetzt, die auch die Flotte übernahmen. Durch den Vertrag von Saint-Germain und weitere Friedensverträge 1919 kam die Stadt, ebenso wie ganz Istrien, zu Italien.

 Denkmal zur Erinnerung an das Massaker von Vergarola 1946 nahe der Kathedrale von Pula

Am Ende des Zweiten Weltkriegs wurde die Stadt im Mai 1945 von jugoslawischen Truppen eingenommen, die sie aber spätestens am 12. Juni 1945 wieder zu verlassen hatten. Darauf und dass die Stadt dann wie das Gebiet von und um Triest von den Kriegssiegern gemeinsam verwaltet werden sollte, hatten sich die USA, Großbritannien und Jugoslawien am 9. Juni 1945 geeinigt.[8] Pula bildete hier eine Exklave der (italienischen) Zone A in der (jugoslawischen) Zone B.

Die Stadt wurde 1947 aber nicht in das als eigener Staat konstituierte Freie Territorium Triest eingegliedert, sondern, wie im italienisch-jugoslawischen Teil des Pariser Friedensvertrags von 1947 bestimmt, der jugoslawischen Teilrepublik Kroatien zugeschlagen.[9]

Ein Großteil der italienischen Bevölkerungsgruppe, etwa 30.000 von 34.000, wurde daraufhin vertrieben.[10]

Dazu beigetragen hat das Massaker von Vergarola. Am 18. August 1946 explodierten in der Nähe des Strandes in der Bucht von Vergarola bei Pola während des Fests eines italienischen Sportclubs in einem Pinienwald gelagerte, bereits entschärfte Minen mit neun Tonnen Sprengstoff. Die Explosion wurde dem jugoslawischen Geheimdienst OZNA angelastet und forderte offiziell 65, wahrscheinlich aber deutlich mehr Todesopfer.[11]

Wie ganz Kroatien war Pula bis 1991 Teil Jugoslawiens. Die Pula vorgelagerte Insel Brioni (wie sie in ausländischen Medien zitiert wurde) bzw. Brijuni erlangte internationale Bekanntheit, weil der jugoslawische Staatschef Marschall Tito dort seine Sommerresidenz einrichtete, wo er von Staatsmännern aus aller Welt besucht wurde. Zudem wurde auf den Inseln 1991 das Brioni-Abkommen geschlossen, das den 10-Tage-Krieg in Slowenien beendete.

Nikša Petrić: Introduzione alla preistoria dell’Istria, in: Atti del Centro di ricerche storiche Rovigno IX (1978–1979) 185–248, hier: S. 195 (online). Darko Komšo: Kargadur – eine Siedlung aus dem frühen- und mittleren Neolithikum Istriens, in: Mitteilungen der Berliner Gesellschaft für Anthropologie, Ethnologie und Urgeschichte 27 (2006) 111–118 (online). Hans D. L. Viereck: Die Römische Flotte, Classis Romana. Köhlers Verlagsgesellschaft mbH, Hamburg 1996, ISBN 3-930656-33-7, S. 257–258. Wilhelm M. Donko: Pola/Pula – Ein historischer Reiseführer durch den ehemaligen Hauptkriegshafen von Österreich-Ungarn in Istrien (Kroatien). Verlag epubli, Berlin 2015, S. 35–42. 5. Auflage. 13. Band, Bibliographisches Institut, Leipzig und Wien 1896, S. 1032 f. Die Relikte des k. u. k. Funks : Militärinfrastruktur für zivile Zwecke, orf.at, 15. Juni 2017, abgerufen am 15. Juni 2017. Anthony Eugene Sokol: Seemacht Österreich. Die Kaiserliche und Königliche Kriegsmarine 1382–1918. Verlag Fritz Molden, Wien 1972, ISBN 3-217-00472-8, S. 195. Agreement for the Provisional Administration of Venezia Giulia, June 9, 1945, Art. 1, 3, 4 und 6. Ralf Wörsdörfer: Krisenherd Adria 1915–1955, Schöningh, Paderborn 2004, S. 543 ff. Ausstellung: Erzwungene Wege: Italiener am Ende des 2.WK. Abgerufen am 4. Mai 2021. Karl-Peter Schwarz: Die erste Gedenkstunde in der Bucht von Vergarola. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung. 23. August 2008.
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