Château d'Ussé
( Schloss Ussé )Das Schloss Ussé ist eine Schlossanlage in der französischen Ortschaft Rigny-Ussé etwa zehn Kilometer nord-östlich von Chinon am südlichen Ufer der Indre, einem Nebenfluss der Loire. Es gehört zu den bekanntesten der französischen Loireschlösser und ist ein beliebtes Ausflugsziel am Rand des Forstes von Chinon im Département Indre-et-Loire, Region Centre-Val de Loire. Es soll den französischen Schriftsteller Charles Perrault bei einem seiner Aufenthalte zu seiner Erzählung La belle au bois dormant (deutsch: Die schlafende Schöne im Wald), der französischen Version von Dornröschen, inspiriert haben.
Das heutige Schloss geht auf eine mittelalterliche Burg zurück, auf deren Fundamenten im 15. Jahrhundert eine neue Anlage erbaut und im 16. Jahrhundert erweitert wurde. Nach Veränderungen im 17. und 19. Jahrhundert präsentiert sich Schloss Ussé heute als Inbegriff eines romantischen Märchenschlosses. Es steht seit März 1927 als Monument historique unter Denkmal…Weiterlesen
Das Schloss Ussé ist eine Schlossanlage in der französischen Ortschaft Rigny-Ussé etwa zehn Kilometer nord-östlich von Chinon am südlichen Ufer der Indre, einem Nebenfluss der Loire. Es gehört zu den bekanntesten der französischen Loireschlösser und ist ein beliebtes Ausflugsziel am Rand des Forstes von Chinon im Département Indre-et-Loire, Region Centre-Val de Loire. Es soll den französischen Schriftsteller Charles Perrault bei einem seiner Aufenthalte zu seiner Erzählung La belle au bois dormant (deutsch: Die schlafende Schöne im Wald), der französischen Version von Dornröschen, inspiriert haben.
Das heutige Schloss geht auf eine mittelalterliche Burg zurück, auf deren Fundamenten im 15. Jahrhundert eine neue Anlage erbaut und im 16. Jahrhundert erweitert wurde. Nach Veränderungen im 17. und 19. Jahrhundert präsentiert sich Schloss Ussé heute als Inbegriff eines romantischen Märchenschlosses. Es steht seit März 1927 als Monument historique unter Denkmalschutz. Die zur Anlage gehörige Kapelle wurde im April 1931 in die Denkmalliste aufgenommen. Ihr folgte im Januar 1951 der Schlosspark mitsamt seinem Orangeriegebäude.
Die heutige Anlage geht auf eine mittelalterliche Anlage zurück, die im Kontext der Auseinandersetzungen zwischen den zwei großen Grafschaften Anjou und Blois gegründet wurde. Ussé – im Laufe der Jahrhunderte auch Ucerum, Uceum, Uciacus und Uceium geschrieben – lag an der Grenze zwischen diesen beiden Territorien und war deshalb immer wieder umkämpft. Der Platz war jedoch schon in der Frühzeit besiedelt, was gallorömische Funde beweisen. Er nahm einen strategisch wichtigen Punkt ein, von dem aus sowohl die Straße nach Chinon als auch der Schiffsverkehr auf der Indre und der Loire kontrolliert werden konnten.
1004[1] war der 950 erstmals urkundlich erwähnte Guelduin I. (auch Gelduin, Gilduin, Geudouin und Geulduin geschrieben), der Teufel von Saumur genannt, Herr von Ussé. Er war ein treuer Vasall der Grafen von Blois Thibault le Tricheur sowie dessen Sohn Eudes I. und kämpfte für sie gegen ihren Widersacher Fulko Nerra, den Grafen von Anjou. Nachdem er die Burg Saumur im Kampf gegen Fulko verloren hatte, ließ er im Gegenzug die Burg in Ussé – damals noch eine Holzkonstruktion – weiter ausbauen und befestigen. Sein Sohn Guelduin II., der ab 1040 seinem Vater als Herr von Ussé folgte,[2] ließ eine erste befestigte Anlage aus Stein errichten. Um 1350 heiratete Jeanne d’Ussé Briant IV. de Montéjean und brachte Ussé an ihren Mann.
Eigentum der de Bueils und der d’EspinaysIm Jahr 1462 war der Admiral Jean V. de Bueil Burgherr von Ussé. Wie die Anlage in seinen Besitz kam, ist bisher nicht geklärt. Fest steht aber, dass er in jenem Jahr damit begann, auf den Fundamenten der alten Burg aus dem 11. Jahrhundert das heutige Schloss zu bauen. Seine Errichtung geschah somit zeitgleich zum Bau der Schlösser Chaumont, Langeais und Le Plessis-Bourré. Jeans Sohn Antoine heiratete 1461 Jeanne de Valois, Tochter des französischen Königs Karl VII. und seiner Mätresse Agnès Sorel. Er führte den Bau seines 1477 verstorbenen Vaters weiter fort und vollendete 1480 den Bergfried. Außerdem ließ er den heutigen Ostflügel errichten und ihn über einen Arkadengang mit dem westlich gelegenen Bergfried verbinden. Um 1500 wurde dieser zum Innenhof offene Gang zu einer zweigeschossigen Galerie aufgestockt,[3] deren obere Etage geschlossen war. Darüber, wie zu jener Zeit das damalige Logis, der heutige Westflügel der Burg, ausgesehen hat, kann keine Aussage getroffen werden, denn es wurde in den nachfolgenden Jahrhunderten vollständig verändert. 1485 war der Bau der vierflügeligen Burg mit ihren runden Ecktürmen schon weit fortgeschritten,[4] aber der Innenausbau noch nicht gänzlich beendet. In diesem noch unfertigen Zustand verkaufte der stark verschuldete Antoine de Bueil die Anlage im November 1485[5] an Jacques d’Espinay, dem aus bretonischem Adel stammenden Kammerherrn der Könige Ludwig XI. und Karl VIII. Als Enkel einer Visconti war er zudem weitläufig mit dem späteren König Ludwig XII. verwandt.[6] Gemeinsam mit seinem Sohn Charles vollendete er den Ost-Flügel und ließ um 1515 bis 1525[7] den heutigen Westflügel der Anlage vollkommen erneuern. Als Jacques d’Espinay 1523 starb, erfüllte Charles seinem Vater einen per Testament niedergelegten Wunsch und ließ gemeinsam mit seiner Frau Lucrèce de Pons in der Zeit von 1523 bis 1535[8] eine Stiftskirche und heutige Schlosskapelle im Stil der frühen französischen Renaissance erbauen. Sie sollte als zukünftige Grablege seiner Familie dienen und wurde am 11. August 1538[7] geweiht. Damit einhergehend erfolgte im gleichen Jahr die Gründung eines aus sechs Kanonikern bestehenden Kollegiatstifts.
Nach Charles’ Tod 1535[9] wurde sein Sohn René Eigentümer des Schlosses. Um seine hohen Schulden tilgen zu können, veräußerte er die Anlage 1557 an Suzanne de Bourbon, Tochter Louis’ de Bourbon, des Fürsten von La Roche-sur-Yon, und Witwe von Claude de Rieux et de Rochefort, dem Grafen von Harcourt. Bei ihrem Tod vermachte sie es ihrer Tochter Louise, die 1554 René II. de Lorraine, marquis d’Elbeuf heiratete. Ihre gemeinsame Tochter Marie brachte das Schloss an Charles de Lorraine, duc d’Aumale, den sie 1578 heiratete. Durch die Erbin Anne kamen Seigneurie und Schloss 1618 an deren Ehemann Henri I. de Savoie, duc de Nemours, der durch Alphonse Henri de Montluc, marquis de Balagny als Eigentümer abgelöst wurde.
Unter der Familie Bernin de Valentinay Schloss Ussé auf einer kolorierten Zeichnung von 1699Im Jahr 1659 kaufte schließlich Thomas Bernin, marquis de Valentinay das Anwesen.[10] Unter ihm und seinem Sohn Louis I. erfuhr die Schlossanlage grundlegende Veränderungen, die ihr das heutige Aussehen verliehen. Weil Thomas’ Enkel Louis II. de Bernin im Januar 1691 die jüngere Tochter des bekannten französischen Festungsbaumeisters Vaubans, Jeanne-Françoise, heiratete, wurden diesem oft die im 17. Jahrhundert vorgenommenen Umbauten zugeschrieben, doch entsprach dies nicht der Wahrheit. Zwar hielt sich Vauban mehrmals auf Schloss Ussé auf, aber für die Mehrheit der Veränderungen zeichnete wahrscheinlich der damalige Abt von Saint-Hilaire (Sankt-Hilarion), ein Vetter des Schlossbesitzers, verantwortlich.[11] Zu den Umgestaltungen zählten die klassizistische Überformungen des Westflügels und der südlichen Galerie, das Vermauern des einstigen Haupteingangs an der Ostseite und seine Verlegung in den Ehrenhof. Um eine ungetrübte Aussicht auf das Tal der Loire genießen zu können, wurde unter Thomas oder Louis I. de Bernin zudem der Nordflügel des Schlosses abgerissen. Anstatt dessen ließ Louis I. anlässlich der Heirat seines Sohnes Louis II. gegen Ende des 17. Jahrhunderts am nördlichen Ende des Westflügels den sogenannten Pavillon erbauen. Die Arbeiten daran wurden 1699 beendet.[12] Zudem waren bereits im Jahr 1664 nach Entwürfen André Le Nôtres terrassierte Barockgärten auf der Nordseite des Schlosses fertiggestellt und eine Orangerie worden. Die Stiftskirche wurde im Laufe der Jahre nicht derart stark verändert wie die Schlossgebäude, doch auch sie erfuhr während des 17. Jahrhunderts einen Veränderung: ihr wurde im Norden eine Seitenkapelle hinzugefügt.
Im April 1692 wurde Ussé zu einer Markgrafschaft (französisch marquisat) erhoben, verlor diesen Status jedoch bereits im September des gleichen Jahres wieder. Eine erneute und dieses Mal dauerhafte Erhebung zum Marquisat erfolgt erneut im Mai 1701 zugunsten Louis’ II. Bernin.[13]
Von 1780 bis heute Stich des Schlosses Ussé, um 1856Das Schloss blieb bis zum 19. Februar 1780 im Besitz der Bernins de Valentinay. Zu jenem Zeitpunkt erwarb es Jules Hercule Mériadec de Rohan, der Herzog von Montbazon. Da er aber hoch verschuldet war, ließen seine Gläubiger den Besitz für 902.000 Livres 1785[2] an einen Monsieur de Chalâbre verkaufen. Dessen Sohn Jean-Louis Roger de Chalâbre veräußerte die Schlossanlage 1807 an den Herzog von Duras, Amedée Bretagne Malo de Durfort. Dessen Erbtochter Félicie heiratete in zweiter Ehe den Grafen Auguste du Vergier de La Rochejaquelein[14] und wurde deshalb kurz Comtesse de La Rochejaquelein genannt. Von 1838[2] bis 1883 war die Comtesse Eigentümerin des Schlosses und ließ während dieser Zeit zahlreiche Umbauten und Veränderungen im Stil der Neugotik vornehmen, zum Beispiel an der Hoffassade des Ostflügels. Bei ihrem Tod vererbte sie die Anlage ihrem Großneffen Graf Bertrand de Blacas.[2] Seine Nachkommen sind noch heute Eigentümer des Schlosses und nutzen es als Wohnsitz, weshalb nur ein Teil der Gebäude von innen zu besichtigen ist.
↑ Ussé. Als Paris noch Lutetia … o. J., S. 2. ↑ a b c d J.-L. Beaumont: Chronologie des châteaux de France. 2004. ↑ W. Hansmann: Das Tal der Loire. 2000, S. 176. ↑ Ussé. Als Paris noch Lutetia … o. J., S. 4. ↑ F. Vibert-Guigue: Centre, châteaux de la Loire. 1991, S. 165. ↑ J.-P. Babelon: Châteaux de France au siècle de la Renaissance. 1989, S. 133. ↑ a b 37-online.net (Memento vom 12. Januar 2013 im Webarchiv archive.today) ↑ Angabe nach u. a. W. Hansmann: Das Tal der Loire. 2000, S. 176. Die Angaben zur Bauzeit der Kapelle schwanken in den verschiedenen Publikationen. Es werden auch die Jahre 1520 und 1521 als Jahr des Baubeginns angegeben. ↑ J.-M. Pérouse de Montclos: Schlösser im Loiretal. 1997, S. 330. ↑ Andere Quellen nennen Thomas’ Sohn Louis I. als Käufer. ↑ J.-M. Pérouse de Montclos: Schlösser im Loiretal. 1997, S. 334. ↑ Ussé. Als Paris noch Lutetia … o. J., S. 8. ↑ Ussé. Als Paris noch Lutetia … o. J., S. 12. ↑ B. Champigneulle: Loire-Schlösser. 1980, S. 261.
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