Schloss Chaumont liegt südwestlich der Stadt Blois in der französischen Gemeinde Chaumont-sur-Loire im Département Loir-et-Cher in der Region Centre-Val de Loire. Auf einer steilen Böschung hoch über der Loire bildet es die Kulisse für das Dorf, dessen Häuser in einer langen Reihe das Flussufer säumen.
Bereits im Mittelalter gab es hier eine Burganlage. Graf Odo I. von Blois hatte sie im 10. Jahrhundert erbaut, um Blois vor den Angriffen von Foulques Nerra, Graf von Anjou, zu schützen. Später überließ er es dem als Vasall für das Haus Blois kämpfenden normannischen Ritter Gelduin, der die Festung verstärken ließ. Gelduins Sohn, Geoffroy, hatte keinen männlichen Nachfolger und überließ das Erbe seiner Großnichte, Denise de Fougères. Die verheiratete sich 1054 mit Sulpice I. von Amboise, so dass der Besitz auf diese Weise an die Familie von Amboise fiel, die die Burg für die nächsten fünf Jahrhunderte besitzen sollte.
12./15. JahrhundertHugues I., Sire d’Amboise, zweiter Herr von Chaumont, ersetzte hier wie in Montrichard die Holzkonstruktion durch einen Steinturm und stärkte damit die Verteidigung des Dreiecks Amboise-Chaumont-Montrichard. Im 12. Jahrhundert wurde das Schloss trotzdem geschleift, danach aber wieder aufgebaut. Ein denkwürdiges Ereignis war im Jahr 1170 die Zusammenkunft zwischen Heinrich II. von England und Thomas Becket, Erzbischof von Canterbury. Man las in der Kapelle eine Totenmesse, bei der man nach der Liturgie nicht den Friedenskuß zu wechseln brauchte, was als zu offensichtliche Heuchelei angesehen wurde. Bekanntermaßen ließ Becket sofort nach seiner Rückkehr nach England den König mit dem kirchlichen Bann belegen und wurde wenig später in seiner Kathedrale durch einen vom König gedungenen Mörder erdolcht.
Im 13. Jahrhundert entsprach die Erbfolge den jeweiligen Verwandtschaftsverhältnissen, bis sich im 14. Jahrhundert die Linie „Chaumont d'Amboise“ abzweigte, während die ältere Linie Amboise behielt. Der Herr von Schloss Chaumont, Pierre d’Amboise, war einer der Verschwörer gegen den König in der „Liga des Allgemeinwohls“ (Ligue du Bien public). Als Strafe ließ Ludwig XI., nachdem er gesiegt hatte, im Jahr 1465 das Schloss schleifen. Nachdem Pierre d'Amboise öffentlich Abbitte geleistet hatte, erhielt er jedoch schon nach kurzer Zeit seine Ländereien zurück, und es wurde ihm erlaubt, das Schloss wieder aufzubauen. Die Nachsicht Ludwigs XI. trug bald Früchte, denn viele der insgesamt 17 Kinder, die Pierre d'Amboise mit seiner Gemahlin Anne de Bueil hatte, erwiesen sich im Laufe der Jahre als besonders fähige Diener von Krone, Kirche und Kunst.
16./18. Jahrhundert Schlossanlage – Ost- und Westflügel zu Loire hin ausgerichtet sowie Südflügel im HintergrundDas neue Schloss war ursprünglich als Militärfestung konzipiert. Über drei Generationen zogen sich die Bauarbeiten hin. In der Zeit von 1469 bis 1481 entstanden Nord- und Westflügel, die noch Wehrgänge und Pecherker hatten. 1510 waren die Bauarbeiten schließlich beendet. Die Fenster des Südflügels waren schon größer und erste Einflüsse der Renaissance unübersehbar.
Um 1560 erwarb die verwitwete französische Königin Katharina de’ Medici das Schloss, um ihre langjährige Rivalin Diane de Poitiers, die einflussreiche Mätresse des verstorbenen Königs Heinrich II., dorthin zu verbannen. Im Gegenzug forderte Katharina das komfortablere Loireschloss Chenonceau zurück, das der König seiner Geliebten zu Lebzeiten geschenkt hatte. Häufiger Gast in Chaumont war in dieser Zeit der Florentiner Astrologe Cosimo Ruggieri, der mit dem Gefolge der Königin nach Frankreich gekommen war. Er richtete sich in einem der Schlosstürme ein Laboratorium mit Sternwarte ein, wo er sich häufig mit der Königin traf.
Spätere Besitzer waren der Bankier Scipione Sardini († 1608) und seine Ehefrau Isabelle de Limeuil († 1609), Henri de La Tour d'Auvergne († 1675), der Herzog von Beauvilliers, dessen Schwiegersohn der Herzog von Mortemart, und schließlich Bertin von Vaugyen, der es 1750 an Jacques Le Ray verkaufte. Dieser installierte eine Glas- und Keramik-Manufaktur und produzierte in den Werkstätten unter anderem Terrakotta-Medaillons. Um 1780 wurde Benjamin Franklin im Schloss empfangen, und Madame de Staël, von Napoleon aus Paris verwiesen, kam hier von Mai bis Oktober 1810 unter.
1875 erwarb Marie Say, Tochter eines reichen Zuckerfabrikanten, das Schloss und heiratete im selben Jahr den Prinzen Amédée de Broglie (1849–1917). Das Ehepaar trieb großen Aufwand, um die Schlossanlage umfassend zu restaurieren und einen Abglanz höfischen Lebens zu schaffen. Auch das Dorf profitierte davon: 1882 wurde die Kirche wieder aufgebaut, und die Bewohner erhielten große Schenkungen. 1938 wurde Schloss Chaumont jedoch an den französischen Staat veräußert.
1740 wurde der Hof nach Norden geöffnet, um eine barocke Cour d'honneur zu schaffen, wozu ein Flügel abgerissen wurde. Dabei verlor das Bauwerk zwar ein Teil seines wehrhaften Erscheinungsbildes, andererseits genießt man seither von der Terrasse des einen herrlichen Blick auf die Loire.
Blick von der Terrasse auf die Loire19./20. JahrhundertWährend der Französischen Revolution gelang es Le Ray, Schloss Chaumont dank seiner Manufakturen vor Zerstörungen zu bewahren. Auch der Wald wurde nicht als Herrengut, sondern als brauchbarer Brennstoffvorrat zu allgemeiner Nutzung bewertet. Der Sohn Le Rays, der sein Glück in Amerika suchte, überließ 1810 das Schloss für die Zeit seiner Abwesenheit Madame de Stael, die von Napoleon wegen regimekritischer Veröffentlichungen aus Paris verbannt worden war und von Chaumont aus nach Coppet bei Genf reiste, wo sie bis 1812 im Schloss Coppet in Hausarrest lebte. In Chaumont schrieb sie ihr Werk „De l'Allemagne“ und umgab sich mit einem Kreis von Schöngeistern, darunter die Dichter August Wilhelm Schlegel und Adelbert von Chamisso.
1823 verkaufte Le Ray l'Américain das Schloss. Erst gehörte es dem Grafen von Aramon und dann dem Vicomte Walsh. 1875 erwarb schließlich die junge Erbin des Zuckerimperiums Say das Schloss und heiratete im selben Jahr den Prinzen Amédée de Broglie. Das Ehepaar gefiel sich darin, die Schlossanlage umfassend zu restaurieren und in dieser Umgebung einen Abglanz höfischen Lebens zu entfalten. Chaumont wurde zur Luxusresidenz, eingerichtet mit in ganz Europa teuer erstandenen Möbeln, Stofftapeten, Bildern und Kunstobjekten. Selbst die Pferde waren ähnlich aufwändig untergebracht, in luxuriösen und perfekt organisierten Stallungen. Auch das Dorf profitierte davon: 1882 wurde die Kirche wieder aufgebaut, und die Bewohner erhielten große Schenkungen.
Der Tod des Fürsten, die Wiederheirat der Fürstin mit einem verschwenderischen Grand Seigneur und die Wirtschaftskrise von 1929 besiegelten jedoch das Schicksal des Schlosses. Der Staat kauft es schließlich 1938 zusammen mit dem zugehörigen, 17 Hektar großen Park. Seitdem wurde das Schloss restauriert, neu eingerichtet und für das Publikum geöffnet.
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