Gent

Gent (niederländisch [ɣɛnt]/[ʝɛnt], französisch Gand [gɑ̃]) ist nach Antwerpen die zweitgrößte Stadt Belgiens. Sie ist zugleich die Hauptstadt der Provinz Ostflandern und des Arrondissements und Wahlbezirks.

Gent entstand aus keltischen Ansiedlungen im Gebiet der Mündung der Leie in die Schelde. Im Mittelalter wuchs Gent durch den blühenden Tuchhandel zu einer der größten und bedeutendsten Städte Europas heran. Auch das Flachs- und Leinengewerbe und das von dWeiterlesen

Gent (niederländisch [ɣɛnt]/[ʝɛnt], französisch Gand [gɑ̃]) ist nach Antwerpen die zweitgrößte Stadt Belgiens. Sie ist zugleich die Hauptstadt der Provinz Ostflandern und des Arrondissements und Wahlbezirks.

Gent entstand aus keltischen Ansiedlungen im Gebiet der Mündung der Leie in die Schelde. Im Mittelalter wuchs Gent durch den blühenden Tuchhandel zu einer der größten und bedeutendsten Städte Europas heran. Auch das Flachs- und Leinengewerbe und das von der Stadt erworbene Stapelrecht auf Getreide trugen ansehnlich zum Wohlstand der Stadt bei. Nach einer kurzen calvinistischen Periode verfiel die Stadt zusehends bis zur erneuten Blüte gegen Ende des 18. Jahrhunderts, als sie zu einer der ersten industrialisierten Städte auf dem europäischen Festland wurde.

Im Hof ten Walle, dem späteren Prinzenhof, wurde am 24. Februar 1500 der spätere Kaiser des Heiligen Römischen Reiches, Karl V., geboren. In der Stadt wurden auch die Genter Pazifikation (1576) und der Friede von Gent (1814) unterzeichnet.

Gent wird auch „die stolze Stadt“ (de fiere stad) oder – nach den Vorkämpfern seiner städtischen Freiheit – Arteveldestadt genannt. Aufgrund seiner Lage in einem ausgedehnten Gebiet von Blumen- und Pflanzenzüchtungsbetrieben wird es darüber hinaus auch als Blumenstadt bezeichnet.

Die Patronatsheiligen Gents sind Sankt Lieven und Pharaildis. Der heilige Bavo ist der Schutzpatron des Bistums Gent, nach ihm sind die Sankt-Bavo-Abtei und die St.-Bavo-Kathedrale benannt. Die wohlhabenden Bürger der Stadt errichteten im 13. und 14. Jahrhundert die Sint-Niklaaskerk am Kornmarkt.

Steinzeit bis zum Ende der Bronzezeit

Der älteste Fund, der die Anwesenheit von Menschen im Raum Gent belegt, ist ein Faustkeil, der rund 70.000 Jahre alt ist. Danach klafft eine riesige Lücke, die bis zur Ankunft der ersten Bauern auf dem lange gemiedenen, sandigen Boden reicht. Die ersten Überreste dieser frühesten Bauern werden auf etwa 2000 bis 1800 v. Chr. datiert. Die lokale Gruppe wird kulturell sowohl mit der Hilversum-Kultur im Norden, als auch mit der nordfranzösischen Eramécourt-Gruppe in der Picardie in Verbindung gebracht. In der späten Bronzezeit folgten Leute der Urnenfelderkultur.

Kelten, Römer, Franken  Gravensteen, die Burg der Grafen von Flandern

Um 700 v. Chr. setzte die Eisenzeit ein. In keltischer Zeit, also vor allem während der La-Tène-Kultur ab etwa 500 bis 400 v. Chr., gab es in dem Landstrich, in dem die Flüsse Schelde und Leie zusammenströmen, mehrere Ansiedlungen.[1] Regelmäßig kam es zu Überschwemmungen, sodass der Grund sich weiterhin eher für Schafzucht als für Landbau eignete. Auf dem Gebiet von Gent lässt sich diese Kultur allerdings bis dato nur wahrscheinlich machen. Der Name Gent kommt vom keltischen Gewässernamen Gond, was bei den Germanen zu Ganda wurde, woher sich wiederum das lateinische Gandavum ableitet. Ganda wird oft mit Zusammenfluss, Mündung übersetzt.

Durch die Römer sind die um Gent anwesenden Stämme, die Nervier und die Menapier näher bekannt. Zwar wurde das Gebiet um 50 v. Chr. römisch, doch erste Romanisierungsspuren finden sich erst unter Kaiser Claudius. Wegebau, Baumaterialien und -techniken wurden nach und nach von den Römern übernommen. An mehreren Stellen in Gent fanden sich römische Überreste, so am Gravensteen, in der Pekelharingstraat, der Schouwburgstraat, bei der Kathedrale St. Bavo, auf dem Botermarkt, in der St.-Pieters-Abtei, am Hogeweg und in Sint-Denijs-Westrem. Sie stammen überwiegend aus dem 2. und 3. Jahrhundert. Um 400 wurde der Ort von den Franken eingenommen.

Karolinger, Hauptklöster

Im 7. Jahrhundert wurden zwei Abteien gestiftet: das Kloster Sankt Bavo (um 625–650) und Blandinium, das spätere Kloster Sankt Peter (nach 650). Sie hatten maßgeblichen Einfluss auf die Entwicklung der Stadt. Bereits um 800 muss die Stadt so bedeutend gewesen sein, dass Ludwig der Fromme den Karlsbiographen Einhard zum Abt beider Abteien berief.

Karl der Große versuchte vergeblich, die Wikinger durch den Bau einer Flotte abzuwehren. 851/852 und zwischen 879 und 883 verwüsteten sie die Stadt und plünderten das Gebiet um Gent. Sie setzten sich lange Zeit an der Schelde fest, hier u. a. auf der Höhe des heutigen Duivelsteen, Sankt Bavo, Biezekapelstraat, Wijdenaard. Am Ende des 9. Jahrhunderts wurde auf dem Platz des heutigen Gravensteen durch Balduin II. den Kahlen eine Burg errichtet. Die Einwohner gruppierten sich somit neu um diesen Ort und um die Graslei an der Leie. Gent wuchs aus verschiedenen Kernen zu einer größeren Stadt zusammen, die zunächst etwa 7 ha umfasste.

Städtische Autonomie, Textilmetropole  Gent auf einer Ansicht von 1534 Genter Belfried – Symbol städtischer Macht

Die älteste Stadtkirche ist seit 949 fassbar. Dort stand ab dem 12. Jahrhundert die erste Schöffenbank. Wahrscheinlich entstand Ende des 10. Jahrhunderts eine erste Stadtumwallung, Gent dehnte sich aus und es entstanden neue Stadtgemeinden, nämlich Sint-Jacob, Sint-Niklaas und später Sint-Michiel. Im 11. Jahrhundert wurde Gent zu einer Metropole der Textilproduktion und zu einer weit ausgreifenden wirtschaftlichen Macht. Die Stadt mit ihrem Mittelpunkt dem Botermarkt, war bis etwa 1550 größte Stadt der Niederlande, außerhalb Italiens war lediglich Paris noch größer. Sie wuchs bis auf 80 ha an, der Grachtengürtel um die Stadt umfasste sogar 644 ha. Schon im 13. Jahrhundert hatte die Stadt fünfzig- bis sechzigtausend Einwohner und mehr und mehr Häuser wurden aus Stein gebaut. Noch 1120 und 1128 war es zu verheerenden Stadtbränden gekommen. Die Befestigungsanlagen wurden vergrößert, die Tore verstärkt – eine Ausbautätigkeit, die erst im 18. Jahrhundert endete. Kaiser Karl V. sagte über Gent: Je mettrai Paris dans mon gant/Gand („Ich könnte Paris in meinen Handschuh/mein Gent stecken“).

Um 1100 gewährte der Graf von Flandern der Stadt eine eigene Schöffenbank. So wuchs die Stadt langsam zu einer autonomen Macht mit selbstständigen Institutionen heran. Gent war immer eine nach Autonomie strebende, rebellische Stadt. Die Bürger fochten jahrhundertelang gegen ihre jeweiligen Fürsten, um ihre Privilegien oder Freiheiten zu bewahren oder zu vergrößern. Der Adel musste den Kaufmannsfamilien einen großen Teil der Macht abtreten.

Herrschaft der 39, Innere Konflikte

Bis 1302 regierte faktisch eine Anzahl begüterter Bürgerfamilien, die sogenannten XXXIX (39 Genter Schöffen), da Politik und Rechtsprechung in ihren Händen lagen. Diese Patrizier formten eine geschlossene Gruppe, reich geworden durch den Handel und die Produktion von Tuch und Leinen, sowie die ökonomische Herrschaft über das Umland. Sie suchten ihre Interessen zu wahren, daher standen sie oft auf Seiten des französischen Königs und gegen ihren direkten Herrn, den Grafen von Flandern, was ihnen den Spottnamen Leliaerts einbrachte.

1297 setzte Graf Guido I. von Flandern den Rat der XXXIX ab. Nach der Niederlage gegen Frankreich in der Schlacht von Veurne konnte er sich nur noch in Gent halten. Er musste 1298 Frieden schließen und 1300 aufgeben. Nach dem Aufstand Brügges gegen den französischen König und dem Erfolg in der Sporenschlacht im Juli 1302 bekamen die Zünfte und kleinen Gewerbe das Recht zur Kooptation von Schöffen, wodurch eine Regierungsform zustande kam, an der die Zünfte größeren Anteil hatten. Auch die neue Regierung wehrte sich gegen die Ansprüche der Fürsten, vor allem gegen deren fiskalische Ansprüche; dies mit Erfolg, zumal der Graf und auch sein Sohn und Nachfolger Robert III. mehrere Jahre in französischer Gefangenschaft verbrachten. Je mehr die Zünfte und Kaufmannsfamilien an Macht und Einfluss gewannen, umso mehr pochten sie auf ihre Selbständigkeit. Gegen die Grafenherrschaft erhoben sich daneben die Bauern unter Führung von Nicolaas Zannekin (bis 1328), die 1325 auch vor Gent zogen, doch scheiterten sie an dessen Mauern.

Rolle im Hundertjährigen Krieg  Standbild von Jacob van Artevelde auf dem Freitagsmarkt in Gent (Teilansicht)

Während der ersten Phase des hundertjährigen Krieges (1338–1453) optierte Gent, nach anfänglicher Neutralität schließlich für die englische Seite, weil die Stadt vom Import von Rohstoffen für die Textilproduktion abhängig war und die Engländer die Einfuhr blockiert hatten. Jacob van Artevelde, ein reicher Tuchhändler, setzte sich an die Spitze eines Aufstands gegen Ludwig II. von Nevers, weil dieser auf Seiten des französischen Königs stand.

Mitten auf dem Freitagsmarkt steht ein Standbild des Stadthauptmannes und Kaufmanns Jacob van Artevelde, der auf dem Platz am 26. Januar 1340 König Eduard III. von England empfing und als rechtmäßigen französischen König anerkannte, nachdem sich die Genter Zünfte unter seiner autoritär regierenden Führung mit den Engländern verbündet hatten, um zusammen gegen den französischen Adel vorzugehen.

Soziale Konflikte blieben jedoch nicht aus, ('den quaden maendach') und fünf Jahre später riefen die Walker zum Aufstand, die die Weber unter Artevelde stürzen wollten. Es kam zu Gefechten auf dem Freitagsmarkt als Vorspiel zum Mord an Jacob van Artevelde, der am 17. Juli 1345 in seiner Wohnung auf dem Kalandeberg ermordet wurde.

Nach dem Goede Disendach, dem guten Dienstag, wurde der neue Graf Ludwig van Male anerkannt. Dennoch blieb es unruhig in Gent, das Volk forderte Mitspracherechte und die gut organisierten Zünfte nahmen am politischen Streiten teil. 1369 wurde die Verteilung der Schöffenämter angepasst. Fortan wurden im Schöffenrat drei Repräsentanten von den Porters, 5 der 53 kleinen Gewerbe und 5 der großen Zünfte neu aufgenommen. Der Graf versuchte beständig die Macht in seine Hände zu bekommen, was zu Aufständen führte, wie 1379–1385 unter Führung von Jan Hyoens, Frans Ackerman und Philipp van Artevelde, dem Sohn von Jacob. Der Aufstand begann durch den Mord am gräflichen Baljuw, der die Genter Privilegien nicht hinreichend respektierte. Verschiedene Male gelang es den Aufständischen, mit Unterstützung der Zünfte in anderen Städten, beinahe die ganze Grafschaft Flandern zu beherrschen. Artevelde, der die Genter gegen das französische Heer unter Führung von König Karl VI. und Ludwig van Male anführte, kam 1382 in der Schlacht bei Westrozebeke ums Leben. (Siehe auch: Schlacht bei Roosebeke).

Dieser erste große Aufstand endete ohne Entscheidung im Dezember 1385 durch den Frieden von Doornik, geschlossen mit dem neuen Grafen Philipp dem Kühnen von Burgund. 1384 kam Gent an das Herzogtum Burgund, weil Herzog Philipp der Kühne die Erbin Margarete von Flandern geheiratet hatte. Die Handhabung der Privilegien änderte sich dadurch nicht, es gab sogar eine Amnestie für jede Form des Aufstands, doch Gent musste sein Bündnis mit England aufgeben und den König von Frankreich anerkennen. Als der Burgunder jedoch die Macht der Zünfte einschränkte, kam es erneut zum Aufstand. Die Kämpfe wurden erbittert geführt, doch schließlich mussten sich die Genter Kaufleute den Burgundern geschlagen geben. Der Streit um Salz- und Getreidesteuern dauerte drei Jahre. 1407 festigte sich in der Stadt der Rat von Flandern, der als Geschäftssprache das Niederländische nutzte.

Burgunder, Habsburger (1453–1477 bzw. ab 1477)  Herzog Philipp der Gute nimmt 1453 die Unterwerfung der Bürger von Gent entgegen (Buchmalerei) in einer für den Herzog angefertigten Handschrift. Wien, Österreichische Nationalbibliothek, Cod. 2583, fol. 349v

Das Haus von Burgund wurde zum neuen Gegenspieler der Stadt, die sich zunächst auch Philipp dem Guten widersetzte. Am 23. Juli 1453 kam es schließlich zur entscheidenden Schlacht an der Schelde. Die 30.000 Mann des Stadtheeres konnten keinen Sieg erringen. Herzog Philipp der Gute ließ die Ratsherren im Büßerhemd vor die Stadt ziehen und um Gnade bitten. Erst nach dieser Schlacht akzeptierte Gent die Burgunderherrschaft, die allerdings nur bis 1477 dauerte. Mehr als zwanzig Jahre lang dominierten die Burgunder, die nach Oberitalien reichste und größte Städtelandschaft Europas.

Im Jahr 1477 erwarben die Habsburger Flandern und damit Gent durch die Hochzeit von Maria von Burgund mit dem späteren Kaiser Maximilian I. Auch dieses Mal kämpften die Kaufleute energisch um ihre Unabhängigkeit, vor allem ab 1485. Sie mussten jedoch nach der Enthauptung von Jan van Coppenolle am 29. Juli 1492 den Frieden von Cadzand unterzeichnen. Dieser beschnitt die Selbstständigkeit der Stadt stark, ein Zustand, der sich erst nach dem Aufstand von 1540 wieder änderte.

Aufstand, Ende der Autonomie, Calvinismus (1537–1568)  Gent 1576 auf der Karte von Braun & Hogenberg

Im 16. Jahrhundert spielte Gent eine wichtige Rolle im Aufstieg des Calvinismus. 1537 weigerte die Stadt sich, der Bitte der Landvögtin Maria von Ungarn zur Unterstützung der Kriege Kaiser Karls V., der am 24. Februar 1500 im Genter Prinzenhof geboren worden war, gegen Frankreich Folge zu leisten. Der folgende Aufstand wurde durch den Kaiser mit großer Härte niedergeschlagen, die Anführer 1539 am Gravensteen geköpft. Als die politischen Führer 1540 um Vergebung baten, wurde Gent einem neuen Statut unterworfen, der sogenannten Concessio Carolina. Klokke Roeland, das Sinnbild der Genter Selbständigkeit, wurde aus dem Belfried entfernt, und eine neue Burg, das Spaniardenkastell, sollte fortan darüber wachen, dass die Genter stillhielten.

Die Führer des Aufstands mussten im Büßerkleid mit einer Schlinge um den Hals um Vergebung bitten, was sich im kulturellen Gedächtnis der Stadt als Ausdruck ihrer Entmachtung niederschlug. In den Augen der Fremden teilten alle Einwohner Gents das Los der Creesers (krijsers). Die Genter waren mit diesem Spottnamen jedoch nicht gemeint. Schnell kamen strenge Sanktionen gegen jene, die dieses Wort zu gebrauchen wagten, von einfachen Gesellen („up u bloot lichaem totten bloede“), bis zum extremen Fall eines Lieutenants, der 1578 am Galgen gehängt wurde.

Nachdem Gent Mitte des 16. Jahrhunderts an Karls Sohn Philipp II. von Spanien gefallen war, erhoben sich die protestantischen Bewohner gegen die Katholiken aus Spanien, die ihrerseits mit einem Terrorregime reagierten.[2] Die Hinrichtung des Statthalters von Flandern, Lamoral Graf von Egmont, im Jahre 1568 löste den Befreiungskampf der Niederlande unter Wilhelm von Oranien aus.

Die Genter Republik (1577–1584)  Gent 1612 auf der Karte von Guicciardini

Während des Achtzigjährigen Krieges wurde 1576 durch die versammelten Generalstaaten die Genter Pazifikation geschlossen, ein Konfessionsfrieden zwischen Katholiken und Protestanten. Zwischen 1577 und 1584 bestand Gent als calvinistische Stadtrepublik, unter Führung von Jan van Hembyze und François van Ryhove.

Damals wurde auch die erste Genter (theologische) Universität in „Het Pand“ (heute restauriert und Eigentum der Universität Gent) gestiftet. Nach der Einnahme der Stadt durch den Herzog von Parma Alessandro Farnese am 17. August 1584 flohen die Calvinisten aus dem Lande, vor allem in Richtung der nördlichen Niederlande.

In dieser Zeit wurde eine neue militärische Wallanlage gebaut, die auf der Karte von Guicciardini von 1612 im Vergleich mit jener von Braun & Hogenberg von 1576 sehr gut sichtbar ist.

Wirtschaftlicher Niedergang (um 1600 bis 1750)  Gent 1712 auf der Karte von Frickx Gent 1775 auf dem Ferrarisplan

Gent gehörte von 1522 bis 1714 zu den Spanischen Niederlanden, danach bis 1795 zu den Österreichischen Niederlanden. Im Holländischen Krieg wurde Gent von französischen Truppen eingenommen. Aufgrund des Friedens von Nimwegen 1678 zogen die Besatzer wieder ab.[3]

Vom Ende des 16. bis zur Mitte des 18. Jahrhunderts verfiel Gents Wirtschaft, die Bevölkerung ging von über 50.000 bis 1650 auf 31.000 zurück. Durch den westfälischen Frieden von 1648 verlor die Stadt auch die Verbindung ihres Hafens mit der See über die Sassevaart zur Westerschelde. Ein neuer Kanal zur See war 1623 mit dem Kanal Gent–Brugge eröffnet worden.

Die Stadt wurde 1678, 1708 und 1745 belagert.

Wirtschaftliche Erholung, Industrialisierung, Napoleon (um 1750 bis 1815)

Die Ansiedlung neuer Gewerbe in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts brachte Gent ökonomisch wieder zur Blüte, sodass es im 18. Jahrhundert wieder zur größten Stadt im heutigen Belgien herangewachsen war. Bis zur Hungersnot von 1845 bis 1848 blieb sie die größte Stadt Belgiens. Am Ende des 18. Jahrhunderts begann in Gent als erster Stadt auf dem europäischen Festland die Industrialisierung, vor allem durch die Einführung mechanischer Leinen- und Baumwoll-Verarbeitung und begünstigt durch den von Lieven Bauwens durchgeführten Schmuggel einer aus England stammenden Spinnmaschine, der Mule Jenny. Von da an war Gent eine wichtige industrielle Textilstadt. Die unter Maria Theresia vorgenommene Aushebung der Coupure (1751–1753), die die Leie mit der Brugse Vaart verband, sorgte zusätzlich für Aufschwung.

1789 eroberten die niederländischen Patriotten nach viertägiger Belagerung die Stadt und vertrieben die kaiserliche Besatzung. In den Revolutionskriegen in Folge der Französischen Revolution eroberten französische Truppen Flandern und 1792 sowie 1794 auch Gent. Hier hatte die demokratische Bewegung der Vonckisten bereits ab 1780 Anhänger gefunden. Auch die Zahl der Einwohner hatte wieder zugenommen. Um 1800 hatte Gent bereits wieder 52.000 Einwohner. Zwischen 1801 und 1815 wanderten über 8.000 Menschen nach Gent ein; vor allem der Kontinentalsperre (seit 1806) verdankte die Stadt einen verstärkten Aufschwung der Textilindustrie. Ab 1789 siedelten sich Juden in der Stadt an. Ihre Gemeinde wuchs bis 1817 zwar auf 106 Personen an, doch der Klerus, der zunehmend die Stadt beherrschte, schuf ein eher abweisendes Klima, so dass eine Zuwanderung eher aus ländlichen Reichsgemeinden als aus Handelsstädten erfolgte.[4]

Im Jahr 1814 wurde die Rijksuniversiteit gegründet, die 1817 190 Studenten hatte.

Am 28. Dezember 1814 wurde zu Gent zwischen Großbritannien und den USA der Friede von Gent geschlossen. Während der Herrschaft der Hundert Tage Napoleons hielt sich König Ludwig XVIII. geraume Zeit in der Stadt auf.

Teil der Vereinigten Niederlande (1815 bis 1830)

1815 wurde die Stadt aufgrund der Beschlüsse des Wiener Kongresses Teil des Königreichs der Vereinigten Niederlande. Während dieser Zeit wurde Gent 1816/1817 Universitätsstadt, und 1825–1827 wurde der Kanal Gent–Terneuzen gebaut, um so die Orte der Textilindustrie an die großen Märkte anzuschließen.

Bereits 1812 bzw. 1815 hatten die Straßen von London und Paris eine Gasbeleuchtung erhalten. Um 1827 baute auch Gent sein erstes Gaswerk (das erste Belgiens), wodurch die Stadt nach zwei Jahren 700 Straßenfackeln durch sichere Gaslaternen ersetzen konnte. Zum ersten Gaswerk kamen zwei weitere, darunter jenes an der Gasmeterlaan, von dem zwei Metallskelette von Gasbehältern erhalten sind. Sie stehen auf dem Grund des Betriebs De Nieuwe Molens und sind als Industriedenkmale geschützt.

In der niederländischen Periode wurde auch die Zitadelle von Gent zur Verteidigung gegen Frankreich errichtet.

Zweite Stadt in Belgien, Expansion (seit 1830)  Gent 1841 auf der Karte von Saurel

1830 hatte Gent 83.843 Einwohner.[5] Inzwischen fanden die Genter Baumwollweber ein großes Absatzgebiet in Niederländisch-Indien, was erklärt, warum die örtlichen Industriellen von der Belgischen Revolution weniger angetan waren. Als 1830 Belgien zum unabhängigen Königreich wurde, blieb ein großer Teil der Genter Bürgerschaft orangistisch gesinnt (Hippolyte Metdepenningen), auch wenn die Oberschicht mehrheitlich eher Französisch sprach. Nach 1848 gingen die Orangisten in der liberalen Partei auf. Gent ist auch die Stadt, in der in Belgien erste moderne Gewerkschaften und die belgische sozialistische Bewegung entstanden.

1860 wurde das Zollrecht auf in die Stadt eingeführte Güter abgeschafft, die Stadttore wurden abgerissen. Die Industrie festigte sich außerhalb des Zentrums, und neue Viertel konnten an Stelle der alten Wallanlagen entstehen. 1913 war Gent Gastgeber der Weltausstellung, die im Süden der Stadt stattfand. Mit Hinblick auf die Expo wurde der Bahnhof Gent-Sint-Pieters an der nahe gelegenen neuen Maria-Hendrikaplein eröffnet. Das Expogelände wurde nach dieser Weltausstellung zum Miljoenenkwartier.

Während der beiden Weltkriege blieb Gent von Beschießungen und Bombardierungen weitgehend verschont, sodass nur wenige Kriegsopfer zu beklagen waren und zahlreiche historische Gebäude erhalten blieben.

Durch Eingemeindungen nahm die Stadt 1965 und 1977 ehemalige Nachbargemeinden als Stadtteile auf. Damit wuchs die Fläche der Stadt auf 15.600 ha, die Einwohnerzahl auf 246.171.

Gent – stadsuitbreidingen tot de 16de-eeuwse omwalling In: De Inventaris van het Bouwkundig Erfgoed. Illustration von Frans Hogenberg: Gendt in Flandren ein große Statt, Der Spanse hauff gefatzett hat, … In: Geschichtsblätter. Hogenberg, Köln, S. 120, urn:nbn:de:hbz:061:1-87326. Horst Lademacher: Geschichte der Niederlande. Politik – Verfassung – Wirtschaft. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 1983, ISBN 3-534-07082-8, S. 153. Cilli Kasper-Holtkotte: Im Westen Neues. Migration und ihre Folgen: Deutsche Juden als Pioniere jüdischen Lebens in Belgien, 18./19. Jahrhundert, Leiden 2003, S. 126 f. Cilli Kasper-Holtkotte: Im Westen Neues. Migration und ihre Folgen: Deutsche Juden als Pioniere jüdischen Lebens in Belgien, 18./19. Jahrhundert, Leiden 2003, S. 127.
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