Kontext von Niederlande

Die Niederlande (im Deutschen Plural; niederländisch Nederland und friesisch Nederlân, Singular, informell Holland) sind eines der vier autonomen Länder des Königreiches der Niederlande. Das größtenteils im nördlichen Westeuropa liegende Land wird dort durch die Nordsee im Norden und Westen, Belgien im Süden und Deutschland im Osten begrenzt. Mit ca. 41500 km² sind die Niederlande etwa so groß wie das angrenzende und nach Fläche zweitgrößte deutsche Bundesland Niedersachsen und mit ca. 17,5 Millionen Einwohnern leben in den Niederlanden etwa so viele Menschen wie im angrenzenden und zugleich bevölkerungsreichsten deutschen Bundesland Nordrhein-Westfalen. Die Hauptstadt der Niederlande ist Amsterdam, der Regierungssitz ist Den Haag. Die offizielle Landesfarbe ist Orange (Oranje).

Zu dem Gebiet der Niederlande, das in diesem Artikel dargestellt wird, gehören, neben den zwölf Provinzen des europWeiterlesen

Die Niederlande (im Deutschen Plural; niederländisch Nederland und friesisch Nederlân, Singular, informell Holland) sind eines der vier autonomen Länder des Königreiches der Niederlande. Das größtenteils im nördlichen Westeuropa liegende Land wird dort durch die Nordsee im Norden und Westen, Belgien im Süden und Deutschland im Osten begrenzt. Mit ca. 41500 km² sind die Niederlande etwa so groß wie das angrenzende und nach Fläche zweitgrößte deutsche Bundesland Niedersachsen und mit ca. 17,5 Millionen Einwohnern leben in den Niederlanden etwa so viele Menschen wie im angrenzenden und zugleich bevölkerungsreichsten deutschen Bundesland Nordrhein-Westfalen. Die Hauptstadt der Niederlande ist Amsterdam, der Regierungssitz ist Den Haag. Die offizielle Landesfarbe ist Orange (Oranje).

Zu dem Gebiet der Niederlande, das in diesem Artikel dargestellt wird, gehören, neben den zwölf Provinzen des europäischen Teils, die Karibikinseln Bonaire, Sint Eustatius und Saba (einschließlich ihrer jeweiligen Nebeninseln), die Besondere Gemeinden des Landes sind. Weitere niederländische karibische Gebiete sind kein Teil des Landes Niederlande, sondern autonome Länder im Königreich der Niederlande. Dies sind die Länder Aruba, Curaçao und Sint Maarten.

Nach Zugehörigkeit zum Mittelreich, Ostfrankenreich und zum Heiligen Römischen Reich gilt das Jahr 1581 mit dem Plakkaat van Verlatinghe als Geburtsstunde der Vereinigten Niederlande, die 1648 mit dem Westfälischen Frieden endgültig anerkannt wurden. Die Niederlande wurden zu einer Handels-, Kolonial- und Seegroßmacht. Das 17. Jahrhundert wird als Goldenes Zeitalter beschrieben. Die Verfassung der Niederlande geht auf die Zeit des Wiener Kongresses 1814/15 zurück.

Zusammen mit Belgien und Luxemburg bilden die Niederlande die Benelux-Union. Die Niederlande sind Gründungsmitglied der Montanunion von 1951, aus der sich mehrere Nachfolger und 1992 die Europäische Union (EU) entwickelten.

Mehr über Niederlande

Grundinformation
  • Währung Euro
  • Ursprünglicher Name Nederland
  • Anrufcode +31
  • Internet Domäne .nl
  • Speed limit 130
  • Mains voltage 230V/50Hz
  • Democracy index 8.96
Population, Area & Driving side
  • Bevölkerung 17590672
  • Fläche 41543
  • Fahrseite right
Verlauf
  • Geschichte der Benelux-Staaten Fränkisches Reich
    ≈500–843 Mittelreich (Lotharii Regnum)
    843–855 Lotharingien
    855–977 verschiedene adlige Besitztümer
    977–1384 Wapen Prinsbisdom Luik.png 
    Hochstift Lüttich
    985–1795
    Burgundische Niederlande
    (Haus Burgund)
    1384–1477
    Burgundische Niederlande
    (Haus Habsburg)
    1477–1556 Flag of Cross of Burgundy.svg 
    Spanische NiederlandeWeiterlesen
    Geschichte der Benelux-Staaten Fränkisches Reich
    ≈500–843 Mittelreich (Lotharii Regnum)
    843–855 Lotharingien
    855–977 verschiedene adlige Besitztümer
    977–1384 Wapen Prinsbisdom Luik.png 
    Hochstift Lüttich
    985–1795
    Burgundische Niederlande
    (Haus Burgund)
    1384–1477
    Burgundische Niederlande
    (Haus Habsburg)
    1477–1556 Flag of Cross of Burgundy.svg 
    Spanische Niederlande
    1556–1581 Statenvlag.svg 
    Republik der Vereinigten Niederlande
    1579/1581–1795 Spanische Niederlande
    1581–1713 Austrian Low Countries Flag.svg 
    Österreichische Niederlande
    1713–1795 Flag of the navy of the Batavian Republic.svg 
    Batavische Republik
    1795–1806 Flag of France.svg 
    Frankreich (Erste Republik)
    1795–1805 Flag of the Netherlands.svg 
    Königreich Holland
    1806–1810 Flag of France.svg 
    Französisches Kaiserreich (Erstes Kaiserreich)
    1805–1815 Flag of the Netherlands.svg 
    Vereinigtes Königreich der Niederlande
    (Haus Oranien-Nassau)
    1815–1830
    Flag of Luxembourg.svg 
    Großherzogtum Luxemburg
    (Haus Oranien-Nassau)
    1815–1890
    Flag of the Netherlands.svg 
    Königreich der Niederlande
    (Haus Oranien-Nassau)
    ab 1830 Flag of Belgium.svg 
    Königreich Belgien
    (Haus Sachsen-Coburg und Gotha)
    ab 1830 Flag of Luxembourg.svg 
    Großherzogtum Luxemburg
    (Haus Nassau-Weilburg)
    ab 1890 Mittelalter und frühe Neuzeit
     
    Adriaen Thomasz Key, Wilhelm von Nassau-Dillenburg, Fürst von Oranien, Gründer der Niederlande, um 1575

    Nach der Aufteilung des Frankenreiches gehörten die niederen Lande zum ostfränkischen Königreich (Regnum Teutonicum) und danach zum Heiligen Römischen Reich. Unter Kaiser Karl V., der zugleich spanischer König war, war das Land in siebzehn Provinzen aufgeteilt und umfasste auch das heutige Belgien (mit Ausnahme des Hochstifts Lüttich) und Teile Nordfrankreichs und Westdeutschlands. Nach dem Tod Karls fiel das Gebiet als Spanische Niederlande an die spanischen Habsburger. Unter Karls Sohn Philipp II. kam es von 1566 an zu einer Serie von Aufständen. Diese hatten religiöse, politische und wirtschaftliche Ursachen.[1] Philipp II. entsandte den Herzog von Alba in die Niederlande und versuchte, den Aufstand zu unterdrücken. Doch diese harte Politik bewirkte das Gegenteil: 1572 schlugen sich fast alle Städte der Provinz Holland auf die Seite von Wilhelm von Oranien, der den Widerstand gegen Alba anführte. In den nächsten Jahren schlossen sich auch die anderen niederländischen Provinzen diesem Aufstand an.

    Wilhelm von Oraniens Ideal einer friedlichen Koexistenz der Konfessionen zerbrach jedoch rasch an den Realitäten. Der Graben zwischen spanientreuen Katholiken und radikalen Calvinisten war zu tief aufgerissen und führte dazu, dass sich die calvinistischen Provinzen Holland, Zeeland und Utrecht 1579 zu einem Verteidigungsbündnis zusammenschlossen, der Utrechter Union. Dieser Vertrag wurde zur Gründungsurkunde eines neuen Staates, der Republik der Vereinigten Niederlande. 1581 taten die Generalstaaten – die allgemeine Ständeversammlung – den letzten Schritt und erklärten ihre Unabhängigkeit von der spanischen Krone. In dieser Abschwörungsakte wurde erstmals in der Geschichte überhaupt ein von Gott inthronisierter König für abgesetzt erklärt.[2] Erst nach einem Achtzigjährigen Krieg wurde die Unabhängigkeit der Niederlande von Spanien im Westfälischen Frieden am 15. Mai 1648 anerkannt. Dieses Datum gilt als Geburtstag der heutigen Niederlande, die sich gleichzeitig mit der Schweiz vom Reich trennten. Die südlichen Niederlande – das heutige Belgien – blieben hingegen bei Spanien, so dass die Niederlande fortan geteilt waren.

    Goldenes Zeitalter
     
    Flagge der Niederlande während des Goldenen Zeitalters

    In der Folge wuchsen die Vereinigten Niederlande zur größten Handels- und Wirtschaftsmacht des 17. Jahrhunderts heran. Diese Epoche ist als Goldenes Zeitalter bekannt. Während dieser Zeit wurden Handelsposten auf der ganzen Welt errichtet. Dies ging jedoch nicht vom Staat aus, sondern von den beiden ersten Aktiengesellschaften der Geschichte, der Niederländischen Ostindien-Kompanie (VOC) und der Niederländischen Westindien-Kompanie (WIC).[3]

    Bekannt ist die Gründung von Neu Amsterdam (Nieuw Amsterdam), das später in New York umbenannt wurde. In Asien schufen die Niederländer ihr Kolonialreich Niederländisch-Indien (Nederlands-Indië), das heutige Indonesien, das im Dezember 1949 unabhängig wurde. Auch im Nordosten Südamerikas gewannen die Niederlande Kolonien. Suriname wurde 1975 unabhängig. Bei den Niederlanden verblieben nur noch wenige Inseln in der Karibik. Ein düsteres Kapitel des Goldenen Zeitalters war der Sklavenhandel, an dem auch die Niederländer maßgeblich beteiligt waren.[4]

    In Europa waren die Niederlande im 17. Jahrhundert eine Großmacht, angeführt von bürgerlichen Politikern wie Johan van Oldenbarnevelt und Johan de Witt. Auf dem Höhepunkt ihrer Macht behaupteten sie sich 1667 gegen England im Englisch-Niederländischen Krieg und hielten sogar die Expansion des französischen Sonnenkönigs Ludwig XIV. auf.[5] Die Innenpolitik war von einem ständigen Abstimmungsprozess zwischen den Ständeversammlungen der einzelnen Provinzen geprägt. „Dies war ein gravierender Unterschied zu fast allen anderen europäischen Ländern, in denen die Macht stark zentralisiert war und sich in der Hand eines Monarchen konzentrierte“, urteilt der Historiker und Niederlande-Experte Christoph Driessen. Die „frühe Demokratisierung der Niederlande“ habe darin ihren Ursprung.[6]

    Die Expansion des kleinen Landes ging einher mit einer kulturellen Blütezeit, die Maler wie Rembrandt van Rijn und Johannes Vermeer, Philosophen wie Baruch de Spinoza und Wissenschaftler wie Antoni van Leeuwenhoek und Christiaan Huygens hervorbrachte.

    Weitere Seekriege mit England um die Vorherrschaft im 17./18. Jahrhundert prägten den Kampf auf See.

    Napoleonische Zeit und 19. Jahrhundert

    1795 wurde mit französischer Unterstützung die Batavische Republik gegründet (benannt nach dem germanischen Stamm der Bataver, der das Gebiet zwischen Rhein und Maas zuerst besiedelt hatte); 1806 machte der französische Kaiser Napoleon I. daraus das Königreich Holland. König wurde Louis Bonaparte, ein Bruder des Kaisers.

    Kaiser Napoleon I. war nicht zufrieden damit, wie sein Bruder das neue Königreich verwaltete. Im Juli 1810 löste er deshalb das Königreich Holland auf. Die Niederlande wurden dem napoleonischen Frankreich einverleibt.

     
    Belgische Revolution

    Die Niederlande erlangten ihre Unabhängigkeit im Jahre 1813 zurück. Wilhelm I. aus dem Haus Oranien-Nassau wurde souveräner Fürst der Niederlande; 1815 wurde er König. Der Wiener Kongress fügte 1815 die südlichen Niederlande, das heutige Belgien, dem Königreich hinzu. Man beabsichtigte damit, dass Frankreich in Zukunft im Norden von einem starken Staat begrenzt werde. Die damals verabschiedete Verfassung der Niederlande gilt heute noch, wenn auch mit zahlreichen Änderungen. Die wichtigste, von 1848, führte die Ministerverantwortlichkeit ein und ebnete damit den Weg zum parlamentarischen System.

    Der Wiener Kongress erhob außerdem das Herzogtum Luxemburg zum Großherzogtum Luxemburg und sprach Luxemburg Wilhelm I. persönlich zu, als Entschädigung für den Verlust seiner Gebiete in Deutschland (Nassau-Dillenburg, Siegen, Hadamar und Diez). Die südlichen Niederlande erlangten nach der belgischen Revolution von 1830 ihre Unabhängigkeit, die allerdings erst 1839 von Wilhelm I. anerkannt wurde.

    Der niederländische König war seit 1815 auch Großherzog von Luxemburg, wo die Lex Salica kein weibliches Staatsoberhaupt zuließ. Als Wilhelm III. bei seinem Tod 1890 nur eine Tochter (Königin Wilhelmina) hinterließ – seine Söhne waren verstorben –, ging der Luxemburger Thron auf eine andere Erbfolgelinie im Haus Nassau über und Wilhelms Vetter Adolf von Nassau übernahm dort die Regierung.

    20. Jahrhundert

    Die Niederlande blieben im Ersten Weltkrieg offiziell neutral und konnten sich auch aus dem Krieg heraushalten. Sie hielten ihre Truppen dennoch bis zum Kriegsende mobilisiert und hatten überdies mit einer großen Flüchtlingswelle aus dem von Deutschland besetzten Belgien zu tun. Nach dem Ersten Weltkrieg gewährten die Niederlande dem bisherigen Deutschen Kaiser Wilhelm II. Exil.

     
    Rotterdam nach dem deutschen Luftangriff, Mai 1940

    Auch beim Ausbruch des Zweiten Weltkriegs versuchte die niederländische Regierung zunächst, das Land aus dem Krieg herauszuhalten. Hitler jedoch befahl der Wehrmacht die Okkupation Belgiens und der Niederlande, u. a. damit Deutschland nach dem für wahrscheinlich erachteten Sieg gut gelegene Flugbasen für Luftangriffe auf Großbritannien hatte. Nach fünftägigem Kampf zwangen die deutschen Truppen am Abend des 14. Mai 1940 die Niederlande zur Aufgabe. Ausschlaggebend war hierfür das Bombardement von Rotterdam. Die königliche Familie war vorher nach England geflohen. Die Niederlande wurden von da an bis April 1945 von der Wehrmacht besetzt gehalten. Die Nationaal-Socialistische Beweging (NSB) unter Anton Adriaan Mussert arbeitete mit den deutschen Besatzungstruppen zusammen, erlangte aber keinen relevanten Einfluss in der Bevölkerung und beim Besatzungsregime. Die Niederlande stellten das größte Kontingent ausländischer Freiwilliger in der Waffen-SS, seriöse Schätzungen reichen von etwa 25.000[7][8] bis 40.000[9] Niederländern, die sich im Verlauf des Krieges der SS anschlossen.

    Nach der Invasion kam es zu Judenverfolgungen durch die deutschen Besatzer. Der Februarstreik 1941 gegen die Deportationen wurde blutig niedergeschlagen. Von den zu Beginn des Krieges 160.000 jüdischen Niederländern und 20.000 jüdischen Flüchtlingen lebten am Ende des Krieges nur noch etwa 30.000. Symbol für die Judenverfolgung ist der Fall der Anne Frank. Der Deportation in das KZ Auschwitz-Birkenau fielen auch Roma und Sinti (Manoesje) aus den Niederlanden zum Opfer. Der südliche Teil der Niederlande wurde in der zweiten Hälfte des Jahres 1944 von den vorrückenden Alliierten befreit; der Norden des Landes erst bei Kriegsende.

     
    Niederländische Militärkolonne während der ersten „Polizeiaktion“ in Niederländisch-Indien, Sommer 1947

    Am 11. Januar 1942 begann die japanische Invasion von Niederländisch-Indien. Die Niederländer kapitulierten am 1. März 1942. Sofort nach der japanischen Kapitulation riefen die indonesischen Nationalisten am 17. August 1945 die Unabhängigkeit aus. Erst nach Gewalt und militärischen Auseinandersetzungen, die als „Polizeiaktionen“[10] verharmlost wurden, wurde Indonesien am 27. Dezember 1949 formal in die Unabhängigkeit entlassen. Bis 1954 bestand noch eine lose Niederländisch-Indonesische Union. Bei den Niederlanden verblieb bis 1962 der Westteil der Insel Neu-Guinea.

    Von 1949 bis 1963 waren im Rahmen der niederländischen Annexionspläne nach dem Zweiten Weltkrieg westdeutsche Gemeinden aus dem Landkreis Geilenkirchen-Heinsberg (Selfkant) und die Gemeinde Elten (bei Emmerich) unter niederländische Verwaltung gestellt. Bestrebungen der niederländischen Regierung, Teile Niedersachsens sowie des westlichen Münster- und Rheinlandes an die Niederlande anzugliedern (Bakker-Schut-Plan), konnten sich nicht durchsetzen.

    Die Erfahrung der Besatzungszeit bewirkte eine Neuorientierung der niederländischen Außenpolitik. Da die Neutralitätspolitik gescheitert war, schlossen sich die Niederlande der NATO an und gründeten 1952 zusammen mit Deutschland, Frankreich, Belgien, Luxemburg und Italien die Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl (und damit die spätere Europäische Union). Allerdings strebten sie dabei eine Wirtschaftsgemeinschaft an und keine politische Union. Zum einen fürchteten sie, die Politik eines so großen Staatengebildes als kleines Land nicht entscheidend mitbestimmen zu können, zum anderen betrachteten sie eine von Frankreich und Deutschland dominierte Europäische Union als potenzielle Bedrohung ihres engen Verhältnisses zu den Vereinigten Staaten.[11] Traditionell sind die Niederlande eher atlantisch als zum Kontinent hin orientiert. Die Niederlande waren auch Gründungsmitglied der Benelux-Wirtschaftsunion (seit 1944 geplant, am 3. Februar 1958 festgelegt und am 1. November 1960 in Kraft getreten).

    Die ersten Jahrzehnte der Nachkriegszeit waren von einem ähnlichen Wirtschaftswunder geprägt wie in Deutschland. Schon 1950 lag das Nationaleinkommen höher als vor dem Zweiten Weltkrieg.[12] Die Niederlande zählten damals zu den zehn größten Wirtschaftsmächten der Welt mit international operierenden Konzernen wie Royal Dutch Shell, Unilever und Philips. Dies ermöglichte den Aufbau eines großzügigen Sozialstaates.

     
    Proteste gegen den NATO-Doppelbeschluss in Den Haag im Oktober 1983

    Gesellschaftspolitisch bildeten vor allem die 1960er Jahre eine tiefe Zäsur. Die „Versäulung“, also die strikte Trennung der gesellschaftlichen Milieus von Protestanten, Katholiken, Liberalen und Sozialisten, begann sich aufzulösen. Mitgliederstärke und Einfluss der Kirchen schwanden. Während dieser Umbruch in Ländern wie Deutschland und Frankreich mit schweren gesellschaftlichen Erschütterungen einherging, vollzog er sich in den Niederlanden fast geräuschlos. So gab es keine Studentenunruhen – schon 1970 verabschiedete das Parlament in Den Haag ein Hochschulgesetz, das den Studentenvertretern weitgehende Mitbestimmungsrechte einräumte.[13] Das Kabinett des sozialdemokratischen Ministerpräsidenten Joop den Uyl wählte sich von 1973 bis 1977 das Motto „Die Fantasie an die Macht“. „Die Art, wie die Vertreter der Obrigkeit mit diesen kulturellen Veränderungen umgegangen sind, nötigt Respekt ab“,[14] urteilt der Historiker James C. Kennedy. Das zuvor von sittenstrengem Calvinismus geprägte Land wurde nun zu einem Vorreiter von Liberalismus und gesellschaftlichem Pluralismus. So gehörten die Niederlande zu den ersten Staaten, die den Konsum kleiner Mengen von „weichen Drogen“ wie Haschisch tolerierten.[15] Das Verhältnis zwischen Regierung und Opposition sowie zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern war von einer Konsenskultur geprägt, die mit dem Begriff Poldermodell bezeichnet wird. Dieses Modell galt Ende der 1990er Jahre als niederländische Variante des von Bundeskanzler Gerhard Schröder und dem britischen Premierminister Tony Blair propagierten Dritten Weges.[16] Die Süddeutsche Zeitung bezeichnete die Niederlande 1993 als „das fortschrittlichste Land Europas“.[17]

    21. Jahrhundert
     
    Unterzeichnung des Vertrags von Lissabon im Jahr 2007

    Trotz aller wirtschaftlicher Erfolge war in der niederländischen Gesellschaft zu Beginn des 21. Jahrhunderts ein „untergründiger Strom der Unzufriedenheit“ (Christoph Driessen) wahrnehmbar. Das Ausmaß der Unzufriedenheit wurde Ende 2001 unter dem Eindruck der Terroranschläge am 11. September mit dem Erfolg des Rechtspopulisten Pim Fortuyn sichtbar. Fortuyn wurde am 6. Mai 2002, neun Tage vor der Parlamentswahl, von einem fanatischen Tierschützer erschossen. Zwei Jahre später wurden die Niederlande von einem weiteren Mord erschüttert: Am 2. November 2004 schoss ein 26-jähriger gebürtiger Amsterdamer marokkanischer Herkunft den islamfeindlichen Regisseur Theo van Gogh nieder. Die Morde führten zu heftigen Debatten über das Selbstverständnis der niederländischen Gesellschaft. Insgesamt brachte das 21. Jahrhundert dem Land einen Rechtsruck, weil die Themen von Fortuyn und seinem rechtspopulistischen Nachfolger Geert Wilders auch von anderen Parteien aufgegriffen wurden.

    Seit April 2001 sind in den Niederlanden gleichgeschlechtliche Ehen möglich. Damit waren die Niederlande der weltweit erste Staat, der über den Status der eingetragenen Partnerschaft hinauskam und einen rechtlichen Rahmen für homosexuelle Beziehungen einrichtete.

    Die Niederländer wiesen in einer Volksabstimmung am 1. Juni 2005 mit einer großen Mehrheit von 61,6 Prozent den Vertrag über eine Verfassung für Europa zurück.

    Christoph Driessen: Geschichte der Niederlande, Von der Seemacht zum Trendland. Regensburg 2009, S. 18 ff. Christoph Driessen: Geschichte der Niederlande, Von der Seemacht zum Trendland. Regensburg 2009, S. 50 f. Christoph Driessen: Geschichte der Niederlande, Von der Seemacht zum Trendland. Regensburg 2009, S. 65 ff. Christoph Driessen: Geschichte der Niederlande, Von der Seemacht zum Trendland. Regensburg 2016, S. 76. Christoph Driessen: Geschichte der Niederlande, Von der Seemacht zum Trendland. Regensburg 2016, S. 117 ff. Christoph Driessen: Geschichte der Niederlande. Von der Seemacht zum Trendland. Regensburg 2016, S. 84. E. Van Roekel: Nederlandse SS'ers en de Holocaust, in Historisch Nieuwsblad, Utrecht, 2010. (auf Niederländisch) Sytze van Zee: 25,000 landverraders. De SS in Nederland/Nederland in de SS. Kruseman, Den Haag 1967, S. 58. Rolf-Dieter Müller: An der Seite der Wehrmacht – Hitlers ausländische Helfer beim »Kreuzzug gegen den Bolschewismus«. Ch. Links, Berlin 2007, ISBN 978-3-86153-448-8, S. 143. Bericht zu Kampf, Gewalt und Folter Christoph Driessen: Geschichte der Niederlande, Von der Seemacht zum Trendland. Regensburg 2009, S. 230. Christoph Driessen: Geschichte der Niederlande, Von der Seemacht zum Trendland. Regensburg 2009, S. 233. Christoph Driessen: Geschichte der Niederlande, Von der Seemacht zum Trendland. Regensburg 2009, S. 239. Christoph Driessen: Kleine Geschichte Amsterdams. Regensburg 2010, S. 118. Christoph Driessen: Geschichte der Niederlande, Von der Seemacht zum Trendland. Regensburg 2009, S. 241 ff. Friso Wielega: Geschichte der Niederlande. Stuttgart 2012, S. 417. Zit.n.: Christoph Driessen: Geschichte der Niederlande, Von der Seemacht zum Trendland. Regensburg 2009, S. 244.
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  • Sicherheit Notrufnummern

    In den Niederlanden existiert sowohl für die Polizei als auch für die Feuerwehr, den Rettungsdienst und Notärzte die einheitliche Notrufnummer 112, die Polizei ist bei anderen Angelegenheiten als für Notrufe, wie beispielsweise Ruhestörungen, Verunreinigungen sowie zum Melden von Sachbeschädigungen unter der landesweiten Rufnummer 0900-8844 erreichbar.

    Allgemeine Informationen

    In den niederländischen Städten und Gemeinden lebt es sich genauso unsicher sicher wie in vergleichbaren deutschen Städten. Die Polizei heißt politie, ein Polizist agent. Dazu gibt es die Koninklijke Marechaussee: Sie unterstützt die "normale Polizei" und sichert unter anderem die Grenzen sowie die Flughäfen. Sie lässt sich in etwa mit der deutschen Bundespolizei vergleichen.

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