Kontext von Afghanistan

Afghanistan (paschtunisch und persisch افغانستان, DMG Afġānistān, amtlich Islamisches Emirat Afghanistan) ist ein Binnenstaat an der Schnittstelle von Südasien, Zentralasien und Vorderasien, der an Iran, Turkmenistan, Usbekistan, Tadschikistan, die Volksrepublik China und Pakistan grenzt. Drei Viertel des Landes bestehen aus schwer zugänglichen Gebirgsregionen.

Nach dem Einmarsch der Sowjetunion 1979 besiegten – von den Vereinigten Staaten und Saudi-Arabien finanzierte – Mudschaheddin die von der Sowjetunion gestützte Regierung. Die Aufteilung der Machtbereiche scheiterte jedoch an Rivalitäten; die fundamentalistisch islamisch ausgerichteten Taliban-Milizen kamen an die Macht und setzten eine radikale Interpretation des Islam und insbesondere der Scharia mit aller Härte durch. Nach den Terroranschlägen am 11. SWeiterlesen

Afghanistan (paschtunisch und persisch افغانستان, DMG Afġānistān, amtlich Islamisches Emirat Afghanistan) ist ein Binnenstaat an der Schnittstelle von Südasien, Zentralasien und Vorderasien, der an Iran, Turkmenistan, Usbekistan, Tadschikistan, die Volksrepublik China und Pakistan grenzt. Drei Viertel des Landes bestehen aus schwer zugänglichen Gebirgsregionen.

Nach dem Einmarsch der Sowjetunion 1979 besiegten – von den Vereinigten Staaten und Saudi-Arabien finanzierte – Mudschaheddin die von der Sowjetunion gestützte Regierung. Die Aufteilung der Machtbereiche scheiterte jedoch an Rivalitäten; die fundamentalistisch islamisch ausgerichteten Taliban-Milizen kamen an die Macht und setzten eine radikale Interpretation des Islam und insbesondere der Scharia mit aller Härte durch. Nach den Terroranschlägen am 11. September 2001 in den Vereinigten Staaten wurde das Taliban-Regime, das Mitgliedern von Terrororganisationen Unterschlupf gewährt hatte, im maßgeblich von den Vereinigten Staaten geführten Krieg gegen den Terror gestürzt. Seither bestimmte dieser auch in Afghanistan geführte Krieg das Geschehen.

Das Land konstituierte sich während der internationalen Stabilisierungsmission (ISAF) durch die Verfassung von 2004 als demokratische, islamische Republik. Von 2004 bis 2014 war Hamid Karzai Präsident der Islamischen Republik Afghanistan. Nach der Präsidentschaftswahl 2014 wurde Aschraf Ghani zum Sieger erklärt und am 29. September 2014 als Staatsoberhaupt vereidigt. Nach dem Abzug der internationalen Truppen Ende August 2021 erlangten die Taliban schnell wieder Kontrolle über das Land und proklamierten das Islamische Emirat Afghanistan. In diesem verüben die Taliban massive Menschenrechtsverletzungen. Im weltweiten Demokratieindex belegte Afghanistan 2022 mit Abstand den letzten Platz.

Mehr über Afghanistan

Grundinformation
  • Währung Afghani
  • Anrufcode +93
  • Internet Domäne .af
  • Mains voltage 240V/50Hz
  • Democracy index 2.85
Population, Area & Driving side
  • Bevölkerung 15500000
  • Fläche 652230
  • Fahrseite right
Verlauf
  • Von der Antike bis zur Neuzeit

    In der Antike gehörte das Gebiet des heutigen Afghanistan, das dem Osten des antiken „Aryānām Xšaθra“ entspricht, zum Perserreich. Später entstand in Baktrien ein Griechisch-Baktrisches Königreich, das von den Nachfolgern Alexanders des Großen regiert wurde. Das Gebiet wurde seit dem 2. Jahrhundert v. Chr. von verschiedenen Gruppen beherrscht und gehörte großenteils zum Parther- und Sassanidenreich. In der Spätantike siedelten dort die sogenannten iranischen Hunnen, bevor deren letztes Herrschaftsgebilde, das Hephthalitenreich, von Sassaniden und Göktürken vernichtet wurde. Nach dem Fall der persischen Sassaniden im Zuge der Invasion der muslimischen Araber (siehe Islamische Expansion) und dem langsamen Zerfall des Kalifats der Abbasiden, dominierten dort iranische Dynastien, die dem Kalifat höchstens nominell unterstanden. Der Islam setzte sich dennoch in dieser Region verhältnismäßig langsam gegen den Widerstand der Turk-Schahi und der Hindu-Shahi durch. Erst gegen Ende des 10. Jahrhunderts, mit der Eroberung der Region durch türkische Nomaden und Militärsklaven (unter anderem die Ghaznawiden und Seldschuken), sollen nach einer islamischen Chronik die meisten Einwohner im Raum Ghor (zwischen Herat und Kabul) Muslime gewesen sein. In dieser Zeit, unter den Ghaznawiden und Ghuriden, war das heutige Afghanistan das Kernland mächtiger Großreiche. Im 15. Jahrhundert machten die Timuriden Herat zu ihrer Hauptstadt. Vom 16.Weiterlesen

    Von der Antike bis zur Neuzeit

    In der Antike gehörte das Gebiet des heutigen Afghanistan, das dem Osten des antiken „Aryānām Xšaθra“ entspricht, zum Perserreich. Später entstand in Baktrien ein Griechisch-Baktrisches Königreich, das von den Nachfolgern Alexanders des Großen regiert wurde. Das Gebiet wurde seit dem 2. Jahrhundert v. Chr. von verschiedenen Gruppen beherrscht und gehörte großenteils zum Parther- und Sassanidenreich. In der Spätantike siedelten dort die sogenannten iranischen Hunnen, bevor deren letztes Herrschaftsgebilde, das Hephthalitenreich, von Sassaniden und Göktürken vernichtet wurde. Nach dem Fall der persischen Sassaniden im Zuge der Invasion der muslimischen Araber (siehe Islamische Expansion) und dem langsamen Zerfall des Kalifats der Abbasiden, dominierten dort iranische Dynastien, die dem Kalifat höchstens nominell unterstanden. Der Islam setzte sich dennoch in dieser Region verhältnismäßig langsam gegen den Widerstand der Turk-Schahi und der Hindu-Shahi durch. Erst gegen Ende des 10. Jahrhunderts, mit der Eroberung der Region durch türkische Nomaden und Militärsklaven (unter anderem die Ghaznawiden und Seldschuken), sollen nach einer islamischen Chronik die meisten Einwohner im Raum Ghor (zwischen Herat und Kabul) Muslime gewesen sein. In dieser Zeit, unter den Ghaznawiden und Ghuriden, war das heutige Afghanistan das Kernland mächtiger Großreiche. Im 15. Jahrhundert machten die Timuriden Herat zu ihrer Hauptstadt. Vom 16. bis zum 18. Jahrhundert stand die Region im Mittelpunkt der Konflikte zwischen den persischen Safawiden im Westen, dem indischen Mogulreich im Südosten und den usbekischen Scheibaniden im Norden.

    Aufstieg der Paschtunen
     
    Ahmad Schah Durrani

    Die Geschichte des modernen Afghanistan ist unzertrennlich mit der nationalen Geschichte der Paschtunen verbunden. Unzählige paschtunische Aufstände gegen die jeweiligen Herrscher (persische Safawiden und indische Mogulen) führten schließlich mit dem Aufstand des Stammes Ghilzai (1719) zum Sturz der Safawiden in Persien (1722). Dieser Sieg der Paschtunen hielt aber nicht lange an. Nur sieben Jahre später wurden sie von Nader Schah besiegt und zurück nach Kandahar verdrängt. Durch die folgenden Eroberungen Nader Schahs (1736–1747) erlangte das persische Reich vorübergehend wieder die Gewalt über die Region, die heute Afghanistan heißt. Nach dessen Ermordung übernahm der Stamm der Durranis, die mit Nader Schah gegen die Ghilzai verbündet waren und unter seinem Befehl kämpften, selbständig die Macht.

    Staatsgründung und Namensgebung

    Der Paschtune Ahmad Schah Durrani begründete im Jahr 1747 nach dem Tod Nader Schah Afschars, im Osten seines Reiches, ein selbstständiges, paschtunisches Königreich, das als Vorgänger des modernen Staates Afghanistan betrachtet werden kann. Damit gilt er allgemein als der Begründer Afghanistans. Das von Ahmed Schah Durrani gegründete Reich zerbrach später an inneren Streitigkeiten und Einmischungen von außen. Wenig später geriet Afghanistan in den Einflussbereich der expandierenden Briten. Der Name „Afghanistan“ wurde erst im 19. Jahrhundert eingeführt und erst 1919 als Staatsname etabliert.

    Einflussbereich britischer und russischer Interessen
     
    Dost Mohammed

    In Afghanistan kollidierten russische und britische Kolonialinteressen (The Great Game). Seit der Aufstellung der Kaiserlich Russischen Marine durch Zar Peter den Großen war es Ziel russischer Expansionspolitik, zum Indischen Ozean vorzustoßen und dort einen eisfreien Hafen zu bauen. Um Russland zuvorzukommen, sollte Afghanistan erobert und als Teil des Britischen Weltreichs an das spätere Britisch-Indien angegliedert werden. Dazu kämpfte 1839–1842 eine große anglo-indische Armee im ersten Anglo-Afghanischen Krieg gegen einen relativ schlecht ausgerüsteten afghanischen Widerstand. Die Briten konnten zwar das Land besetzen, jedoch nicht ihre Ziele durchsetzen. 1842 wurde ein Waffenstillstand vereinbart, bei dem die Briten sich bereit erklärten, ihre Truppen zurückzuziehen. Diese wurden jedoch kurz darauf am Chaiber-Pass angegriffen und alle Soldaten, darunter 690 britische und 2840 indische, aber auch 12.000 Zivilisten getötet. Als Reaktion auf diese Niederlage wurde eine Strafexpedition unter Generalmajor George Pollock entsandt, die am 15. September 1842 Kabul einnahm. Schon am 11. Oktober 1842 zogen sich die britischen Truppen aus Kabul und in der Folge aus Afghanistan vollständig zurück. Dieser Krieg hatte zur Folge, dass die britische Kolonialverwaltung lange Zeit keine direkten weiteren Aktionen in Afghanistan unternahm und erschwerte ihre politisch-wirtschaftlichen Bestrebungen wie die Kontrolle der Handelswege in Zentralasien und den von dort versuchten Angriff auf die chinesische Qing-Dynastie. Die Katastrophe in Afghanistan erregte auch viele Inder, da die britisch-indische Armee zu einem großen Teil aus Belutschen bestand.

     
    Amanullah Khan

    Angetrieben durch die vorangegangene Demütigung erklärte 1878 die britische Regierung erneut den Krieg gegen Afghanistan. Trotz kleiner militärischer Erfolge der Afghanen im zweiten Anglo-Afghanischen Krieg, wie bei der Schlacht von Maiwand 1880, wurde der Widerstand von den Briten niedergeschlagen, die Hauptstadt Kabul aus Rache niedergebrannt und eine Marionette als König installiert. Gleichzeitig übernahmen die Briten für die folgenden 40 Jahre die afghanische Außenpolitik. Aufgrund vieler Aufstände in Afghanistan wurde 1893 das Land durch die Durand-Linie von den Briten geteilt und das südöstliche Gebiet (die heutigen pakistanischen Provinzen NWFP, FATA und ein kleiner Teil Belutschistans) der indischen Kronkolonie einverleibt. Um diese Linie kontrollieren zu können, wurde das aus Afridis, einem Paschtunenstamm, bestehende Regiment Khyber Rifles im Jahr 1880 aufgestellt, da sich nur Einheimische in diesem Gebiet ungehindert bewegen können. Das Regiment besteht auch heute noch als Bestandteil der Pakistanischen Armee.

    Der dritte anglo-afghanische Krieg im Mai 1919 – ein letzter Versuch Afghanistans, sich von den britischen Kolonialbestrebungen zu befreien – führte schließlich durch geschicktes Verhandeln der afghanischen Diplomaten unter Amanullah Khan[1] (die Afghanen drohten den Briten, sich Russland weiter anzunähern) zum Vertrag von Rawalpindi und am 8. August 1919 zur Anerkennung Afghanistans als souveräner und unabhängiger Staat durch Großbritannien. Somit hatte Afghanistan nach mehr als 60 Jahren britischer Vorherrschaft seine volle Unabhängigkeit erlangt, während ein großer Teil der Gebiete wie Teile der pakistanischen Nordwestprovinz als frontier area, auch als tribal area (Stammesgebiete unter Bundesverwaltung) bezeichnet, an die Briten verloren ging und später dem Staat Pakistan zugesprochen wurde. Das unabhängige Afghanistan bildete einen Puffer zwischen russischen und britischen Interessen. Dies schlug sich auch in der Grenzziehung nieder und ist noch heute am Wachan-Korridor ersichtlich.

    Afghanistan nach der Unabhängigkeit
     
    Mohammed Zahir Schah

    Seit 1933 bestand mit Mohammed Zahir Schah (Mohammedzai) an der Spitze ein konstitutionelles Königreich. Zahir Schah läutete jedoch eine demokratische Wende in Afghanistan ein. Unter seiner Herrschaft wurden unter anderem Wahlen, ein Zwei-Kammern-Parlament, die Emanzipation der Frauen bis hin zum Frauenwahlrecht, eine Modernisierung der Infrastruktur und Pressefreiheit etabliert. Schahs fortschrittliche und westliche Politik war jedoch nicht unumstritten unter der afghanischen Bevölkerung.[2] Seit 1946 ist Afghanistan Mitglied der Vereinten Nationen.

    1973 stürzte der sich an die Sowjetunion anlehnende Mohammed Daoud Khan das Königshaus und rief die Republik aus. Nach Daouds Sturz 1978 in der Saurrevolution übernahm die von Nur Muhammad Taraki geführte, kommunistisch geprägte Demokratische Volkspartei Afghanistans die Macht in Kabul, rief die Demokratische Republik Afghanistan aus und versuchte mit sowjetischer Unterstützung eine gesellschaftliche Umgestaltung, zum Beispiel eine Alphabetisierung der Landbevölkerung. Diese Reformen untergruben die traditionelle Stammesordnung und provozierten Widerstand in ländlichen Gebieten. Gleichzeitig unterdrückte die Regierung die Opposition brutal mit Tausenden von politischen Hinrichtungen.[3] Bis zu 27.000 wurden im Pul-e-Charkhi-Gefängnis hingerichtet.[4] Diese stieß in einigen Regionen auf militärischen Widerstand, der unter anderem von den USA und Pakistan unterstützt wurde. Mit dem Einmarsch sowjetischer Truppen im Dezember 1979 entwickelte sich der Bürgerkrieg zu einem zehnjährigen Stellvertreterkrieg (→ Sowjetischer Einmarsch in Afghanistan) zwischen sowjetischer Besatzungsmacht und den von den Vereinigten Staaten, Saudi-Arabien und Pakistan unterstützten islamischen Guerillas (Mudschahedin), siehe dazu Operation Cyclone. 1989 erfolgte der Abzug der sowjetischen Truppen. Nach unterschiedlichen Schätzungen wurden in dem Krieg unter anderem 600 Tausend bis 2 Millionen Zivilisten getötet. Die sowjetisch gestützte Regierung unter Präsident Mohammed Nadschibullāh konnte sich nach dem sowjetischen Abzug noch bis zur Einnahme Kabuls 1992 durch die Mudschahedin halten.[5]

    Im April 1992 wurde der Islamische Staat Afghanistan durch die Peschawar-Abkommen gegründet. Neuer Präsident wurde Burhānuddin Rabbāni. Die Vereinten Nationen präsentierten einen Übergangsplan, jedoch kam es bereits vor Ort zu zahlreichen Kämpfen verschiedener konkurrierender Mudschahedin in wechselnden Allianzen unter den neuen Warlords. Die Mudschahedin verweigerten dem zurückgetretenen Präsidenten Nadschibullāh den Gang ins Exil, der daraufhin in ein UN-Gebäude floh.[6] Zwei wichtige, jeweils vom pakistanischen Geheimdienst ISI trainierte, konkurrierende Warlords waren dabei Gulbuddin Hekmatyār und Ahmad Schah Massoud, der unter Rabbāni Verteidigungsminister wurde.[7] Ebenso führte der zu den Mudschahedin kurz vor dem Ende der Regierung Nadschibullāh übergelaufene General Abdul Raschid Dostum Truppen an.[6] Als Hekmatyār Kabul einnehmen wollten, kamen ihm die Truppen von Massoud und Dostum dem zuvor und übernahmen die meisten Ministerien. Friedensverhandlungen scheiterten und Hekmatyārs Truppen, unterstützt von Pakistan[8], beschossen Kabul.[6] Für die Kämpfe machten sich die verschiedenen Fraktionen gegenseitig verantwortlich.[6]

    Es kam zu zahlreichen Menschenrechtsverbrechen bei diesen Machtkämpfen. Wie Human Rights Watch berichtete war es praktisch jederzeit möglich in Kabul getötet zu werden, sowohl der Artilleriebeschuss von Hekmatyārs Truppen als auch die konkurrierenden Mudschahedinfraktionen traf viele zivile Einrichtungen.[6] Es kam zudem von den verschiedenen Seiten der Mudschahedin – unter Hekmatyār, Massoud, Dostum als auch weiteren Fraktionen – zu zahlreichen Entführungen, Plünderungen, Vergewaltigungen und Morden. 1993 kam es im Kabuler Stadtteil Afschar etwa zu einem Massaker durch die Truppen unter den Warlords Sayyaf und Massoud, bei dem geschätzt etwa 750 Menschen, hauptsächlich Angehörige der schiitischen Minderheit der Hazara, getötet oder verschleppt wurden.[6][7] Bereits bis 1993 flohen mehr als eine halbe Million Menschen aus Kabul.[6] Nach Verhandlungen wurde im Juni 1993 Hekmatyār zum afghanischen Premierminister ernannt. Der Frieden hielt jedoch nicht und es kam 1994 und 1995 wieder zu Kämpfen zwischen den konkurrierenden Milizen. Die Kämpfe hörten erst mit dem Einmarsch der Taliban auf, der wiederum von vielen Menschenrechtsverstößen begleitet wurde.[6]

    Der Süden Afghanistans war überwiegend weder unter der Kontrolle der Zentralregierung noch unter der Kontrolle der Milizen vom Norden. Lokale Milizen- oder Stammesführer beherrschten den Süden. 1994 traten die fundamentalistischen Taliban in der südlichen Stadt Kandahar erstmals in Erscheinung. Die Taliban-Bewegung bestand aus Personen die früher als Mudschahedin kämpften und rekrutierte sich weiter aus religiösen Schulen für afghanische Flüchtlinge in Pakistan.[9][10] In den Schulen wurde auch den Jihad glorifizierendes Propagandamaterial, das von den USA hergestellt wurde, verwendet.[11] Die Kämpfe zwischen den Milizen der Mudschahedin und die Hoffnung auf Frieden durch eine neue Ordnung gaben den Taliban Auftrieb.[12] Ihr Anführer und späteres Staatsoberhaupt wurde Mohammed Omar.

    Im Laufe des Jahres 1994 übernahmen die Taliban die Macht in verschiedenen südlichen und westlichen Provinzen Afghanistans. Bis März 1995 hatten die Taliban sechs Provinzen eingenommen und Kabul erreicht.[13] Anfang 1995 führten die Taliban Verhandlungen sowohl mit der Regierung Rabbānis als auch mit der schiitischen Miliz Hizb-i Wahdat, die jedoch nicht zu einem Frieden führten. Während die Taliban zunächst den Kampf um Kabul verloren, waren sie im Westen des Landes weiter auf dem Vormarsch. Dabei kam es zu einem vorübergehenden geheimen Bündnis zwischen den Taliban und dem Warlord Dostum (siehe Afghanischer Bürgerkrieg (1989–2001)). Mit logistischer Unterstützung des ISI und neuen Waffen und Fahrzeugen aus Pakistan und Saudi-Arabien reorganisierten die Taliban ihre Truppen nach einigen Niederlagen im Land und planten 1996 auch eine erneute Offensive gegen Kabul. Am 26. September 1996 befahl Verteidigungsminister Massoud einen Rückzug der Truppen in den Norden Afghanistans.[14] Am 27. September 1996 marschierten die Taliban in Kabul ein und errichteten das Islamische Emirat Afghanistan, das lediglich von Pakistan, Saudi-Arabien und den Vereinigten Arabischen Emiraten anerkannt wurde.

     
    Territoriale Kontrolle Afghanistans im Herbst 1996: Massoud (blau), Taliban (grün), Dostum (rosa), Hezb-i Wahdat (gelb)

    Der entmachtete Präsident Rabbāni, Massoud und Dostum, frühere Gegner, gründeten als Reaktion auf die Talibanoffensiven die Vereinte Front (bekannt als Nordallianz).[15] Als mächtigster Mann im Bündnis galt Massoud[16], der Vereinten Front trat unter anderem auch der spätere Präsident Hamid Karzai bei. Der Iran und Russland unterstützen die Truppen Massouds, Pakistan intervenierte militärisch auf Seiten der Taliban. Nach deklassifizierten Dokumenten von US-Behörden (National Security Archive) hat die pakistanische Regierung die Taliban unter anderem logistisch mit Waffen, Treibstoff und Nahrung nach ihrer Machtübernahme in Kabul 1996 versorgt.[17][18] Bei der Offensive von 25.000 Taliban-Kämpfern gegen die nördliche Allianz waren geschätzt auch rund 10.000 islamistische Milizionäre aus arabischen Ländern, Pakistan und anderen asiatischen Ländern wie Usbekistan aktiv.[19]

    Anfang 2001 wandte die Vereinte Front eine neue Strategie von lokalem militärischem Druck an.[20] Massoud bereiste 2001 Russland und die EU, wo er sich zudem mit einem Abgesandten der CIA traf und um militärische Unterstützung bat. Massoud bekannte sich dort in seinen Reden zu einem moderaten islamischen Staat, warnte die Staaten vor Al-Qaida und die Tour war ein PR-Erfolg.[21] Jedoch wurde er später 2001 durch einen Bombenanschlag getötet.[22]

    Die Taliban setzten in den von ihnen kontrollierten Gebieten ihre politische und juristische Interpretation des Islam durch. Die Frauen lebten quasi unter Hausarrest.[23] Im Verlaufe der Kämpfe radikalisierten sich die Taliban weiter und führten radikale gegen Nicht-Moslems gerichtete Maßnahmen durch. Am 10. März zerstörten sie trotz enormer Proteste auch in der islamischen Welt durch Sprengladungen und Artilleriebeschuss die Buddha-Statuen von Bamiyan. Nach einem Bericht der Vereinten Nationen begingen die Taliban systematische Massaker unter der Zivilbevölkerung, während sie versuchten, ihre Kontrolle im Westen und Norden Afghanistans zu konsolidieren. Dabei kam es etwa zu einem Massaker in Masar-e Scharif und den Dörfern Bedmushkin und Nayak.[24] Sowohl die Taliban als auch die Nordallianz-Truppen nahmen unter anderem bei ihrem Beschuss Kabuls laut Amnesty und HRW keine Rücksicht auf Zivilisten.[25][16] In den Jahren 1999 und 2000 kam es zur Dürre in Afghanistan, welche die Not im Land weiter verschärfte.

    Nach den Anschlägen vom 11. September 2001

    Am 9. September 2001 wurde Massoud ermordet. Zwei Tage danach wurden terroristische Anschläge in den Vereinigten Staaten verübt, die zum Tod von mindestens 2993 Menschen führten und als terroristischer Massenmord angesehen werden.[26] Die Vereinigten Staaten identifizierten Mitglieder des Terrornetzwerks Al-Qaida, das seine Basis in dem Emirat der Taliban hatte und mit den Taliban verbündet war, als Täter der Terroranschläge des 11. Septembers 2001. Die Taliban verweigerten jedoch die Auslieferung der Verantwortlichen um Osama bin Laden, der sich zu den Attentaten bekannt hatte.

    Daraufhin begannen die Vereinigten Staaten im Oktober 2001 eine Invasion Afghanistans mit Hilfe eines Militärbündnisses unter ihrer Führung. Die US-Regierung unter Präsident George W. Bush nutzte als Legitimation dieser Invasion einen Entschluss des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen, der den USA das Recht zur Selbstverteidigung zusprach. Infolge dieser Invasion gelang es, die in den meisten Regionen Afghanistans herrschenden Taliban zügig von der Macht zu verdrängen, wobei die Vereinte Front den Großteil der Bodentruppen stellte.

    Im Dezember 2001 trafen sich Führer der Vereinten Front sowie afghanischer Exilgruppen auf der Petersberger Konferenz in Bonn, wo sie sich auf das sogenannte „Petersberger Abkommen“ einigten, das einen Stufenplan zur Demokratisierung des Landes sowie die Bildung einer provisorischen Regierung mit dem Durrani-paschtunischen Stammesführer Hamid Karzai als Vorsitzenden vorsah. Mitglieder der siegreichen Vereinten Front übernahmen Schlüsselpositionen in der neuen Regierung. Außerdem wurde um die Stationierung einer einem Mandat der Vereinten Nationen unterstellten internationalen Truppe ersucht, um die Sicherheit der provisorischen Regierung zu gewährleisten. Diese Aufgabe übernahm die internationale Afghanistan-Schutztruppe International Security Assistance Force (ISAF). Die Taliban zogen sich vorerst in schwer zugängliche Bergregionen zurück.

    Die provisorische Regierung wurde im Juni 2002 durch eine von einer landesweiten außerordentlichen Loja Dschirga bestimmten Übergangsregierung abgelöst, wiederum mit Karzai als Übergangspräsidenten an der Spitze. Ende 2003 wurde eine verfassungsgebende Loja Dschirga einberufen, welche die neue afghanische Verfassung im Januar 2004 ratifizierte. Die am 9. Oktober 2004 durchgeführte Präsidentschaftswahl bestätigte Karsai als Präsidenten. Die demokratische Legitimität der Wahl kann jedoch angezweifelt werden, da am Tag der Wahl alle 15 Gegenkandidaten geschlossen ihren Rückzug und Boykott aufgrund von Betrugsvorwürfen verkündeten.[27] Den Abschluss des im Petersberger Abkommen vorgesehenen Demokratisierungsprozesses markierten die Parlamentswahlen im September 2005, aus denen sich das erste gewählte afghanische Parlament seit 1973 konstituierte. Allerdings dokumentierte die Wahlbeobachtungsmission der Europäischen Union auch bei dieser Wahl „Unregelmäßigkeiten und Betrugsvorwürfe, die einen Schatten auf die Integrität der Wahlen werfen“ sowie „signifikante Defizite“ bei der Stimmenauszählung.[28] Die Wahlen sollten ursprünglich im Juni 2004 stattfinden, mussten aber aufgrund von Verzögerungen bei der Wahlregistrierung mehrmals verschoben werden.

    Viele Taliban flohen über die Durand-Linie nach Pakistan und formierten sich dort neu. 2003 traten sie erstmals wieder in Erscheinung. Ab Anfang 2006 verübten sie zusammen mit dem Haqqani-Netzwerk und der Hizb-i Islāmī von Gulbuddin Hekmatyār verstärkt Anschläge gegen afghanische Zivilisten und Soldaten der ISAF. Selbstmordattentate, die vorher in Afghanistan völlig unbekannt waren, und Bombenanschläge auf nichtmilitärische Ziele nahmen stark zu.

    Babak Chalatbari beschrieb in einem Artikel für die Bundeszentrale für politische Bildung die Motive des „Terrors der Taliban“ wie folgt: „Die terroristische Taktik hinter der massiven Einschüchterung zielt darauf ab, dass kaum noch jemand wagt, sich den Auffassungen der theologisch meist nicht sonderlich ausgebildeten Masterminds der Taliban zu widersetzen.“[29] Die Zahl der versuchten und ausgeführten Selbstmordanschläge nahmen von drei im Jahr 2003 auf 106 im Jahr 2006 stark zu, zu denen sich meist die Taliban – insbesondere das Haqqani-Netzwerk – bekannten.[30] Im Süden und Osten von Afghanistan existierten Gebiete, die von ausländischen Hilfsorganisationen und auch ISAF-Truppen gemieden wurden.

    Pakistan spielt eine zentrale Rolle in Afghanistan. Eine Analyse der London School of Economics and Political Science aus dem Jahr 2010 führt aus, dass der pakistanische Geheimdienst (ISI) eine „offizielle Politik“ der Unterstützung der Taliban betreibe. Der ISI finanziere und bilde die Taliban aus.[31] Dies passiere, obwohl Pakistan sich offiziell als Verbündeter der NATO ausgebe. Als Ergebnis hält die Analyse fest: „Pakistan scheint ein Doppelspiel erstaunlichen Ausmaßes zu spielen.“[31] Amrullah Saleh, der ehemalige Geheimdienstchef Afghanistans, kritisierte 2010: „Wir reden über all diese Stellvertreter [Taliban, Haqqani, Hekmatyar], aber nicht ihren Meister: Die pakistanische Armee. Die Frage ist, was will Pakistans Armee erreichen […]? Sie wollen an Einfluss in der Region gewinnen.“[32]

    Die Taliban und Gulbuddin Hekmatyārs Truppen richteten sich in Anschlägen gezielt gegen die afghanische Zivilbevölkerung. Im Jahr 2009 waren sie laut Angaben der Vereinten Nationen für über 76 % der Opfer unter afghanischen Zivilisten verantwortlich.[33] Auch im Jahr 2010 waren die Taliban für über Dreiviertel der zivilen Todesopfer in Afghanistan verantwortlich.[34] Zivilisten waren mehr als doppelt so häufig das Ziel tödlicher Anschläge der Taliban wie afghanische Regierungstruppen oder ISAF-Truppen.[34] Die Afghanistan Independent Human Rights Commission (AIGRC) nannte die gezielten Anschläge der Taliban gegen die Zivilbevölkerung ein „Kriegsverbrechen“.[35] Religiöse Führer verurteilten die Anschläge der Taliban als Verstoß gegen die islamische Ethik.[35] Menschenrechtsgruppen haben den Internationalen Gerichtshof in Den Haag dazu veranlasst, eine vorläufige Untersuchung gegen die Taliban auf Grund von Kriegsverbrechen vorzunehmen.[34]

    In der Folgezeit kam es zu Spannungen zwischen Teilen der ehemaligen Vereinten Front und Hamid Karzai, nachdem dieser die Taliban als „Brüder“ bezeichnet hatte. Akteure um den ehemaligen Geheimdienstchef Amrullah Saleh und andere befürchteten, dass Karzai ein Abkommen mit den Taliban und Gulbuddin Hekmatyār schließen könne, das eine Rückkehr der Taliban abseits des demokratischen Prozesses ermögliche. Eine Abspaltung von Gulbuddin Hekmatyārs Partei Hizb-i Islāmī gab ab Herbst 2009 an, mit Karzai verbündet zu sein, und stellte mit Abdul Hadi Arghandiwal von 2010 bis 2017 den Wirtschaftsminister. Diese angeblichen Verbündeten Karzais ließen 2011 jedoch in öffentlichen Stellungnahmen keinen Zweifel an ihrer Loyalität gegenüber Hekmatyār.[36][37]

    Der große Einfluss der Vereinten Front auf die Regierung wurde mit den Jahren reduziert. Bei der afghanischen Präsidentschaftswahl im August 2009 trat Abdullah Abdullah, ehemaliger Außenminister bis 2006 und einst einer der engsten Vertrauten Ahmad Schah Massouds, gegen Hamid Karzai an und galt als Mitfavorit. Karzai schien zunächst dennoch gewonnen zu haben. Bei der Stimmauszählung mehrten sich allerdings die Vorwürfe der internationalen Beobachter, dass massiver Wahlbetrug betrieben worden sei. Eine Beschwerdekommission ermittelte mehrere Wochen und gab Mitte Oktober bekannt, dass hunderttausende Stimmen ungültig seien. Damit verlor Amtsinhaber Karzai die absolute Mehrheit, und es wurde eine Stichwahl zwischen diesem und Abdullah am 7. November 2009 vereinbart. Ende Oktober 2009, knapp eine Woche vor der Wahl, drohte Abdullah laut Medienberichten, sich von der Stichwahl zurückzuziehen. Vorausgegangen waren gescheiterte Gespräche mit Karzai. Abdullah hatte unter anderem die Entlassung des Vorsitzenden der umstrittenen Wahlkommission (IEC) gefordert, um eine „freie und faire“ Stichwahl ermöglichen zu lassen.[38] Sechs Tage vor der geplanten Stichwahl erklärte er seinen Boykott der Abstimmung.[39] Als seine Anhänger auf die Straßen ziehen wollten, hielt Abdullah sie zurück, um die fragile Stabilität Afghanistans nicht zu gefährden.

    Nach der Tötung von Osama bin Laden durch US-Einsatzkräfte in der Operation Neptune Spear im Mai 2011 nahmen Anschläge auf prominente afghanische Politiker stark zu, so wurden unter anderem Expräsident Burhānuddin Rabbāni, Mohammed Daud Daud, Dschan Mohammed Chan und Präsident Karzais Halbbruder Ahmad Wali Karzai ermordet. Im Oktober 2011 begannen afghanische und NATO-Truppen eine Offensive gegen das Haqqani-Netzwerk im südöstlichen Grenzgebiet des Landes.[40] 2014 wurde der erste demokratische Machtwechsel in Afghanistan durchgeführt, bei dem jedoch erneut massive Korruption und Fälschung vermutet wurde. Präsident Aschraf Ghani unterschrieb ein Abkommen mit der NATO, in dem die Nachfolgemission der ISAF, Resolute Support, legitimiert wurde. Diese begann am 1. Januar 2015 und unterstützte die afghanischen Sicherheitskräfte bis 2021 in der Ausbildung.

    Das Land wurde seit 2015 auch vom Islamischen Staat bedroht und weiterhin von Seiten der Taliban mit Gewalt überzogen.[41]

    Im Februar 2020 unterzeichneten die Vereinigten Staaten und die Taliban ein Friedensabkommen.[42] Die USA und die NATO verpflichteten sich dabei, ihre Streitkräfte innerhalb von 14 Monaten aus Afghanistan abzuziehen. Im Gegenzug garantierten die Taliban, innerhalb von zwei Wochen Friedensgespräche mit der afghanischen Regierung aufzunehmen und dem Terrorismus abzuschwören bzw. diesen in Afghanistan nicht zu dulden.[43] Die afghanische Regierung hatte als Konfliktpartei das Abkommen nicht mitunterzeichnet. Da auch die Taliban keine Repräsentanten des Staates sind, handelte es sich bei dem Abkommen formal nicht um einen völkerrechtlichen Friedensvertrag.[43] Der Vertrag berührte nicht die künftige Gestaltung des politischen Systems in Afghanistan oder die Verteilung der politischen Macht.[43] Anschließend begannen im März 2020 Verhandlungen über einen Gefangenenaustausch zwischen der Taliban-Führung und der afghanischen Regierung, durch die bis zu 5000 gefangene Taliban freigelassen werden sollten, sofern im Gegenzug die Taliban 1000 ihrer Gefangenen frei ließen.[44] Tatsächlich begann die afghanische Regierung bis einschließlich Mai 2020 mit der Freilassung von über 1000 der 5000 gefangenen Taliban, während diese Miliz einige hundert Regierungstreue freiließ.[45] Gleichzeitig wurden aber vor allem durch terroristische Anschläge in Afghanistan im Mai 2020 der Terror in Afghanistan fortgesetzt, so dass der afghanische Präsident Aschraf Ghani im selben Monat bekannt gab, die Taliban fortan wieder bekämpfen zu wollen.[46][47] Innerhalb einer Woche im Juni, so vermeldete die afghanische Regierung, hätten die Taliban 222 Terrorattacken im Land verübt, wodurch 422 staatliche Sicherheitskräfte getötet oder verwundet worden seien.[48]

    Nach dem Ende des NATO-Einsatzes 2021
     
    Gebietskontrolle in Afghanistan im Juli 2021.
    Regierung, NATO und Verbündete

    Ende Juli 2021 endete der NATO-Einsatz; nur US-amerikanische und türkische Soldaten befanden sich zu diesem Zeitpunkt noch unter nationalem Kommando in Afghanistan.[49] Die Bundeswehr hatte das Land bereits im Juni verlassen.

    Nach dem Rückzug der internationalen Truppen hatten die Taliban innerhalb kurzer Zeit die Kontrolle über große Teile des gesamten Landes übernommen, da die Regierungstruppen den Widerstand weitgehend aufgegeben hatten. Nachdem schließlich nur noch die Hauptstadt Kabul als einzige größere Stadt unter Kontrolle der Regierung gestanden hatte, kündigte am 15. August 2021 der zu diesem Zeitpunkt amtierende Innenminister Abdul Sattar Mirzakwal eine friedliche Übergabe Kabuls, und damit fast ganz Afghanistans, an die Taliban an.[50] Präsident Ghani floh nach Tadschikistan und die Taliban verkündeten nach der Einnahme des Präsidentenpalastes und großer Teile Kabuls noch am selben Tag ihren Sieg.[51][52] Ein kleines Gebiet, das Pandschschir-Tal, war teilweise noch unter Kontrolle von Resten der afghanischen Armee und Regierung (siehe Pandschschir-Widerstand). Am 6. September 2021 gaben die Taliban an, auch diesen Teil Afghanistans erobert zu haben.[53] Medienberichten zufolge flohen daraufhin die Anführer des Widerstands, Vizepräsident Amrullah Saleh und Ahmad Massoud, nach Tadschikistan.[54]

    Nach der Übernahme durch die Taliban verschlechterte sich die humanitäre Situation Afghanistans, als westliche Nationen aufhörten, humanitäre Hilfe zu leisten, und die Weltbank und der Internationaler Währungsfonds auch ihre Zahlungen an Afghanistan einstellten.[55] Im Oktober 2021 erklärten die Vereinten Nationen, dass mehr als die Hälfte der 39 Millionen Menschen in Afghanistan von akuter Nahrungsmittelknappheit betroffen sind.[56] Führende Politiker der Welt haben Afghanistan humanitäre Hilfe in Höhe von 1,2 Milliarden US-Dollar zugesagt.[57] Am 22. Dezember 2021 verabschiedete der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen einstimmig eine von den USA vorgeschlagene Resolution, um humanitäre Hilfe bei der Versorgung verzweifelter Afghanen zu unterstützen und gleichzeitig zu versuchen, Gelder aus den Händen der Taliban fernzuhalten.[58] Nach Angaben der Welthungerhilfe sei die humanitäre Lage „katastrophal“. So sei ohne eine Verbesserung der Versorgungslage im Jahr 2022 mit einem Anstieg der Armutsrate auf 97 Prozent zu rechnen.[59]

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  • Sicherheit Allgemeines

    Die Lage in Afghanistan ist allgemein als nicht stabil zu bezeichnen. Die seit 2020 wieder von den Taliban, die sich auf den paschtunischen Bevölkerungsteil stützt, geführte Regierung hat über große Teile des Landes nur beschränkte Kontrolle und kann daher eine Schutzfunktion nicht ausführen. Nach Übernahme Kabuls durch die neue Regierung am 15.08.2021 forderte das Auswärtige Amt deutsche Staatsbürger auf, Afghanistan auf dem schnellsten Wege zu verlassen. Durch die unübersichtliche Lage nach der fast vollständigen Rückkehr der Taliban kann nirgends umfassende Sicherheit gewährleistet werden, überall muss mit lebensbedrohlichen Gefahren gerechnet werden.

    Korruption ist weit verbreitet. Die Straßen haben zahlreiche Kontrollpunkte, wobei Außenstehenden nicht immer erkenntlich ist, ob es sich um offizielle oder illegale Straßensperren handelt.

    Nach Einbruch der Dunkelheit sollte man nicht mehr allein unterwegs sein. Insbesondere nicht auf Straßen, da zum einen die Kontrollpunkte den Weg oft mit einer Kette versperren, die nicht zu sehen ist, und viele Fahrzeuge nur mit wenig bis keiner Beleuchtung unterwegs sind und zum anderen die Wahrscheinlichkeit eines Überfalls rapide ansteigt.

    Minen und Kriegsschrott

    Nach 50 Jahren Krieg ist das Land mit Minen und Munitionsteilen sowie Kriegsgerät verseucht. Waffen gehören zum Alltag, auch wenn sie nicht überall offen getragen werden.

    Grundregeln:

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    Sicherheit Allgemeines

    Die Lage in Afghanistan ist allgemein als nicht stabil zu bezeichnen. Die seit 2020 wieder von den Taliban, die sich auf den paschtunischen Bevölkerungsteil stützt, geführte Regierung hat über große Teile des Landes nur beschränkte Kontrolle und kann daher eine Schutzfunktion nicht ausführen. Nach Übernahme Kabuls durch die neue Regierung am 15.08.2021 forderte das Auswärtige Amt deutsche Staatsbürger auf, Afghanistan auf dem schnellsten Wege zu verlassen. Durch die unübersichtliche Lage nach der fast vollständigen Rückkehr der Taliban kann nirgends umfassende Sicherheit gewährleistet werden, überall muss mit lebensbedrohlichen Gefahren gerechnet werden.

    Korruption ist weit verbreitet. Die Straßen haben zahlreiche Kontrollpunkte, wobei Außenstehenden nicht immer erkenntlich ist, ob es sich um offizielle oder illegale Straßensperren handelt.

    Nach Einbruch der Dunkelheit sollte man nicht mehr allein unterwegs sein. Insbesondere nicht auf Straßen, da zum einen die Kontrollpunkte den Weg oft mit einer Kette versperren, die nicht zu sehen ist, und viele Fahrzeuge nur mit wenig bis keiner Beleuchtung unterwegs sind und zum anderen die Wahrscheinlichkeit eines Überfalls rapide ansteigt.

    Minen und Kriegsschrott

    Nach 50 Jahren Krieg ist das Land mit Minen und Munitionsteilen sowie Kriegsgerät verseucht. Waffen gehören zum Alltag, auch wenn sie nicht überall offen getragen werden.

    Grundregeln:

    Wo kein Einheimischer geht, sollte man auch nicht gehen. Unbefestigte Straßen und Wege, die von Einheimischen nicht benutzt werden, sollte man auch nicht benutzen. Rote Steine, Steinhaufen generell, Holzpflöcke, umgedrehte Plastikflaschen auf Stöcken sind keine Fetische, sondern kennzeichnen Minenfelder. Daneben gibt es noch Totenköpfe oder dreieckige Schilder mit der entsprechenden Aufschrift. Altes Kriegsgerät ist keine Gelegenheit zu spielen oder um heroische Fotos zu machen, sondern eine Gelegenheit zu explodieren. Munition oder Munitionsteile sind kein Souvenir, sondern eine weitere Art zu explodieren. Nicht alles, was man sieht, muss man auch anfassen. Zum Pinkeln hinter einen Baum gehen kann tödlich sein (in ländlichen Gebieten hocken sich viele Einheimische einfach auf den Boden).Regionale Besonderheiten

    Im Südosten finden immer wieder Kampfhandlungen zwischen den US-Streitkräften und Taliban-Kämpfern statt. Weiterhin spielt die Kriminalität im Rahmen des Schmuggels zwischen Pakistan und Afghanistan eine große Rolle. Die Zentralregierung aus Kabul hat hier deutlich weniger Macht als in anderen Landesteilen. Beiderseits der pakistanisch-afghanischen Grenze herrschen die örtlichen Führer. Durch dieses Gebiet führt auch die Straße zwischen Peshawar in Pakistan und Kabul in Afghanistan. Der Grenzübergang ist der Kaiber Pass (auch Khyber-Pass genannt), der auf afghanischer Seite nur mit einem bewaffneten Begleiter befahren werden darf.

    Im Westen ist der Drogenschmuggel im afghanisch-iranischen Grenzgebiet eine Gefahr für Reisende.

    Die Hauptstadt Kabul ist immer wieder Ort von Attentaten, wobei sich diese auf das Stadtzentrum sowie High-Profile-Areas konzentrieren. Auch hier ist die Lage wechselnd. Nicht jedes Attentat muss einen politischen Hintergrund haben, auch kriminelle oder persönliche Motive sind Ursache. Das Gleiche gilt für Entführungen, die zur Mitte 2007 hin deutlich zugenommen haben.

    Klima

    Das Wetter ist kontinental geprägt mit starken Temperaturunterschieden während der heißen, trockenen Sommermonate und der kalten Winter. Schnee ist im Winter auch in den vergleichsweise niedrigeren Orten durchaus möglich.

     
    Klimadiagramm von Kabul
     
    Klimadiagramm von Kandahar
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