Die Oase Charga, kurz für die Senke al-Charga (arabisch الواحات الخارجة al-Wāhāt al-Charidscha, DMG al-Wāḥāt al-Ḫāriǧa ‚die äußeren Oasen‘, auch el-Kharga), ist die südöstlichste und zugleich größte der fünf bewohnten westägyptischen Senken. Sie befindet sich in der Libyschen Wüste im Bereich von 26° 00' N bis 24° 30' N (Nord – Süd) bzw. 30° 25' O bis 30° 50' O (West – Ost) und erstreckt sich über eine Länge von 200 km in Nord-Süd-Richtung. Die Bevölkerung zur Volkszählung 1996 betrug 49.461, auf einer Fläche von rund 1500 km².

Charga liegt etwa 150 km westlich des Niltals im Gouvernement al-Wadi al-dschadid (der Hauptort der Senke, der ebenfalls al-Charga heißt, ist zugleich Hauptstadt des Gouvernements).

Die Senke ist mindestens seit dem Paläolithikum (Altsteinzeit) besiedelt, wohl nicht so sehr die Senke selbst als vielmehr die Berghänge. Das Klima unterschied sich vom heutigen deutlich: die sich damals abwechselnden Trocken- und Feuchtzeiten ermöglichten eine Steppenlandschaft mit zugehöriger Tierwelt (Gazellen, Strauße usw.). Die Hinterlassenschaften dieser Siedler, zum Beispiel in ʿAin Umm ad-Dabadib, sind vorwiegend Feuersteinwerkzeuge. Aus dem Neolithikum (Jungsteinzeit) stammen neben Feuersteinwerkzeugen auch Felszeichnungen, zum Beispiel am Dschabal at-Tair und südlich des Darb al-Ghubbari auf halben Weg nach ad-Dachla.

Aus altägyptischen Zeiten, zumindest zwischen dem Alten und dem Neuen Reich, fehlen (noch) archäologische Zeugnisse. Das alte Ägypten trieb Handel mit seinen Nachbarn im heutigen Libyen und Sudan. Mit dem Esel als damals einzig bekanntem Lasttier – das Kamel wird erst unter den Persern eingeführt – konnte man Wegstrecken über 200 km kaum durchführen, nach spätestens drei Tagen braucht ein Esel Wasser. Alle Karawanen müssen über al-Charga geführt worden sein und hier Rast gemacht haben. Als Indizien sollen hier die erst 1971/1972 entdeckte Mastabagräber und der Gouverneurspalast von Balat in ad-Dachla aus der 6. Dynastie, die Biografie des Herchuf an seinem Grabe 34n in Qubbat al-Hawa, in der er Transporte entlang der Oasenstraße, dem Darb al-Arba'in, nennt und die ebenfalls aus der 6. Dynastie stammt. Im Neuen Reich gibt es Berichte über die Lieferung landwirtschaftlicher und mineralischer Erzeugnisse aus al-Charga in den thebanischen Gräbern bzw. im Luxor-Tempel. Die Nähe zu Luxor und die Tatsache, dass in al-Charga dieselben Hauptgötter wie in Theben verehrt wurden, lässt die Vermutung zu, dass die ersten Heiligtümer in al-Charga bereits im Neuen Reich errichtet wurden.

Die ältesten Tempel der Senke al-Charga, nämlich der von Hibis und Ghweita, haben ihre Ursprünge in der Äthiopier- bzw. Saitenzeit (25. bzw. 26. Dynastie), auch wenn die Inschriften erst aus persischer Zeit stammen. Aus saitischer und persischer Zeit liegen Zeugnisse vor, die aus allen Teilen der Senke stammen, d. h., die gesamte Senke stand im Einflussbereich der jeweiligen Herrscher.

In der Oase lag auch eine heute Umm Mawagir genannte Handelsstadt, die bereits im 4. Jahrtausend v. Chr. besiedelt war und zwischen 1650 und 1550 v. Chr. ihre Blütezeit erlebte.

Seine Blüte erreicht die Senke in griechischer bzw. noch deutlicher in römischer Zeit. Die Römer unterhalten in Ägypten zwei Legionen Soldaten, in der Senke al-Charga wohl bis zu 1000 Soldaten. Neben Militärposten und Garnisonen werden Siedlungen, Tempel und Aquädukte (arabisch قناة Qanāt) insbesondere im Nordteil der Senke erweitert oder neu angelegt. Die Festungen gehörten zu einem großen Festungssystem in Nordafrika. Die Aufgabe des hiesigen Militärs bestand in der Überwachung der Karawanenwege zum Niltal, nach ad-Dachla und nach dem Sudan. Über die Festungen ist recht wenig bekannt, da sie von den Wissenschaftlern weitgehend ignoriert werden.

 Grabkapellen al-Bagawat

Auch als Verbannungsort dient die Senke seit römischer Zeit, häufig für die verfolgten Christen. Seit dem 3. Jahrhundert n. Chr. gibt es hier die ersten Christen, zu den berühmtesten Verbannten zählen Athanasius und Nestorius. Am Ende des vierten Jahrhunderts sind al-Charga und ad-Dachla fast vollständig christlich. Zahlreiche bedeutende Monumente wie der Friedhof al-Bagawat und das Kloster 'Ain Mustafa Kaschif zeugen von dieser Zeit. Al-Charga wird zudem Bischofssitz. Immer wieder erfolgende Angriffe aus Nubien und Libyen und zunehmende Feindlichkeiten mit den Muslimen lassen das Christentum und den Bischofssitz im 14. Jahrhundert erlöschen.

Im Mittelalter ist die Senke teilweise verwaist, erst in mameluckischer Zeit werden hier wieder Soldaten zur Bewachung der Karawanenwege stationiert. Der Darb el-Arba'in ist noch bis ins 19. Jahrhundert in Nutzung. Die Karawanenwege werden nicht nur für den Handel genutzt, sondern dienen auch als Wege für Mekka-Pilger aus Nordafrika. In osmanischer Zeit wurden in der Senke sechs Zollstationen (von Süd nach Nord: al-Maks al-Qibli, al-Maks al-Bahri, ʿAin Schams ad-Din, Qasr az-Zayan, al-Ghuwaita und 'Ain Mustafa Kaschif) betrieben. Während der britischen Okkupation Ägyptens werden hier ebenfalls Soldaten stationiert, die hier feindliche Angriffe aus dem Sudan und aus Libyen abwehren sollen.

1958 erlebt das damalige kleine Dorf Qasr al-Charga einen bedeutenden Aufschwung. Unter Nasser wird das Gouvernement al-Wadi al-dschadid gebildet, zu dem auch die Senken ad-Dachla und Farafra gehören, und al-Charga wird zu dessen Hauptstadt ausgebaut.

Von 7. bis 10. Februar 2011 kamen bei Ausschreitungen im Zuge der Revolution in Ägypten 2011 mindestens fünf Menschen ums Leben und hunderte wurden verletzt. Es wurden Polizei- und Justizgebäude und die örtliche Zentrale der Regierungspartei angezündet und die Polizei schoss mit scharfer Munition auf Demonstranten.[1]

Martin Gehlen: Wie das Regime seine Rache vorbereitet. In: Frankfurter Rundschau. 10. Februar 2011, abgerufen am 10. Februar 2011.
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