Carrara ist eine italienische Stadt mit 60.185 Einwohnern (Stand 31. Dezember 2022) in der Provinz Massa-Carrara in der Region Toskana.

Bekannt ist Carrara durch seinen weißen Marmor, den Carrara-Marmor, der in den nahegelegenen Steinbrüchen abgebaut wird, sowie für seine Bildhauerakademie, die Accademia di Belle Arti di Carrara.

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Carrara ist eine italienische Stadt mit 60.185 Einwohnern (Stand 31. Dezember 2022) in der Provinz Massa-Carrara in der Region Toskana.

Bekannt ist Carrara durch seinen weißen Marmor, den Carrara-Marmor, der in den nahegelegenen Steinbrüchen abgebaut wird, sowie für seine Bildhauerakademie, die Accademia di Belle Arti di Carrara.

Frühgeschichte

Die Region um Carrara ist ein altes Siedlungsgebiet und auf Grund archäologischen Fundmaterials kann angenommen werden, dass es im Paläolithikum besiedelt war. Aus der Zeit um 2500 v. Chr. ist bekannt, dass die Bewohner des apuanischen Gebiets begannen, ihre Toten in Grotten zu bestatten, und etwa nach 1000 v. Chr., in der späten Bronzezeit, waren Ackerbau und Viehzucht vorherrschend. Die Bewohner lebten in geschützten Lagen in Hüttendörfern und wurden nach mündlichen Überlieferungen Castallari genannt. Im 7. bis 6. Jahrhundert v. Chr. wurde das Gebiet stärker besiedelt, und durch die eindringenden Kelten änderte sich auch der bisher vorherrschende kulturelle Einfluss in der Eisenzeit.

Erste Belege für eine Marmorbearbeitung befinden sich im Museo Nazionale in Luna aus dem 2. Jahrhundert v. Chr. an einer Basis für die Statue des Claudius Marcellus. Dieser römische Konsul hatte 155 v. Chr. die ligurischen Apuaner endgültig besiegt.[1] Nordöstlich der heutigen Stadt Carrara lag Luna, eine römische Kolonie, die 177 v. Chr. gegründet wurde und die heute nahe dem Ort Luni Mare, einem Ortsteil der Gemeinde Luni in der Provinz La Spezia liegt.[1] Durch die nahegelegenen Steinbrüche erlangte die Stadt Luna große wirtschaftliche Bedeutung, und erst nach der endgültigen Verlandung des Hafens am Fluss Magra, nach kriegerischen Übergriffen und durch die sich ausbreitende Malaria wurde das zum Bischofssitz erhobene Luna im 11. Jahrhundert weitgehend verlassen.

Geschichte vom Mittelalter bis zum 19. Jahrhundert  Marmor-Transport im 19. Jahrhundert

Erst um 1000 gründeten Bauern den Weiler Cararia, den Vorläufer der heutigen Stadt Carrara, und gegen 1250, so wird angenommen, könnte die Wiedereröffnung der Steinbrüche für den Bau der Pfarrei von Carrara erfolgt sein, da hierfür Marmor benötigt wurde.[2] Von 1185 bis 1313 herrschte in Carrara der Fürstbischof von Luna und von 1313 bis 1493 die Gemeinde Carrara.[3] Der erste Nachweis für die Verwendung des Bildhauermaterials Statuario aus Carrara ist ein Genueser Auftrag aus dem Jahre 1265. Carrara wurde im 13. Jahrhundert, möglicherweise schon vor dieser Zeit, als freie Gemeinde verwaltet, und es sollen sich in jener Zeit bis zu 400 freie Einwohner und keine Abhängigen dort befunden haben, die die Macht des Bischofs schwächten.[2]

Für den Bau der Kathedrale von Pisa besuchten die Baumeister und Steinmetzen den Ort Carrara, und Anfang des 15. Jh. kam der Bildhauer Maffiolo da Como, ein lombardischer Steinmetz, der in Genua lebte, nach Carrara und arbeitete dort, während vorher die Rohblöcke vor Ort auf der jeweiligen Baustelle bearbeitet wurden.[4] Mitte des 15. Jahrhunderts bilden die Steinmetzen Carraras erstmals eine Kooperation. Im Jahre 1473 übernahm der Markgraf Giacomo Malaspina von Massa die Macht in Carrara, die zuvor verschiedene Adelige ausgeübt hatten.[3]

Alberico II., Fürst von Massa und Markgraf von Carrara, fasste Carrara ab 1664 mit Massa als das Herzogtum Massa und Carrara zusammen, das 1859 letztlich im Königreich Italien aufging. Bei den Einigungsbestrebungen in Italien schlugen sich die Arbeitnehmerschaft und die liberale Bürgerschaft Carraras auf die Seite der Republikaner. Nach der Einigung Italiens stieg die Marmorproduktion an, und die Anzahl der Steinarbeiter verdoppelte sich auf 10.000.[5] Der Export wurde allerdings durch den amerikanischen Sezessionskrieg und hohe Schutzzölle in Europa behindert.

Im 19. Jahrhundert war Carrara das Zentrum der Steinbearbeitung schlechthin und der Ort prosperierte; zahlreiche technische Erfindungen wurden gemacht. Beispielsweise erfand 1815 der Arbeiter Giuseppe Perugi die Steinsäge mit mehreren Sägeblättern, die erste Gattersäge für Naturstein, die von schnell laufenden Wasserrädern angetrieben wurde.[6] 1895 setzte der Industrielle Adolfo Corsi dort erstmals die Seilsäge „mit einem Spiraldrahtseil [ein], das nach belgischem Vorbild mit einem Dieselmotor angetrieben wurde“.[5]

Geschichte ab dem 20. Jahrhundert

Der Beginn des Ersten Weltkriegs wirkte sich auf Carrara wirtschaftlich fatal aus, denn er brachte das Erliegen der Marmorproduktion mit sich. Die Weltwirtschaftskrise der 1930er Jahre verringerte dann die langsam wieder anlaufende Produktion um die Hälfte. Die Folgen des Abessinienkrieges und die daraus resultierenden Absatzeinbußen bei Carrara-Marmor versuchte die faschistische Regierung Mussolinis durch Erteilen von Monumentalaufträgen wie den Aufbau des Mussolini-Forums (heute Foro Italico) mit dem Mussolini-Obelisk in Rom zu bewältigen. Derartige monumentale Aufträge änderten allerdings die wirtschaftliche Lage Carraras kaum.

In der Zeit des italienischen Faschismus wurde Carrara 1938 mit den Städten Massa und Montignoso zur Gemeinde Apuania zusammengefasst. Diese Gemeinde wurde 1946 wieder aufgelöst.[7] Der Zweite Weltkrieg brachte nicht nur die Marmorproduktion zum Erliegen; die deutsche Wehrmacht zerstörte im Kampf gegen Partisanen in den Jahren 1944/45 auch größtenteils die Einrichtungen in den Steinbrüchen. Zwischen Massa und Carrara führte die Verteidigungslinie der Wehrmacht, die sogenannte Gotenstellung, hindurch. In dem kleinen Vorort von Carrara Bergiola Foscalina verübte die Waffen-SS und Schwarze Brigaden das Massaker von Bergiola Foscalina mit 71 Toten. Unweit von Carrara fand das Massaker von Fivizzano mit etwa 400 ermordeten Personen wie auch das Massaker von Sant’Anna di Stazzema mit mehr als 500 Ermordeten statt.[8] Am erbitterten Widerstand gegen die deutschen Besatzer war ein Großteil der Bevölkerung, die Arbeitnehmerschaft und vor allem Frauen beteiligt, die durch den Frauenaufstand von Carrara verhinderten, dass die gesamte Zivilbevölkerung aus dem Stadtgebiet Carrara geräumt wurde.[9] Dabei spielten Anarchosyndikalisten, die ab Ende des 19. Jahrhunderts in Carrara unter den Steinbrucharbeitern stark vertreten waren und Carrara zu einem der Weltzentren des Anarchismus gemacht hatten, eine große Rolle. Dass Carrara eine Anarchisten-Hochburg war und noch heute ist, kann man an zahlreichen Gedenktafeln und Denkmälern für Anarchisten und daran erkennen, dass in der Stadt 1968 die Internationale der Anarchistischen Föderationen gegründet wurde.

 Carrara und die Marmor-Steinbrüche. Im Vordergrund ein Betrieb der Steinverarbeitung

Durch den Wiederaufbau nach Kriegsende und den europäischen Bauboom in den 1960er Jahren stieg das Produktionsvolumen der Steinbrüche auf 500.000 Tonnen an, und die wirtschaftliche Situation Carraras verbesserte sich.[10]

Heutzutage muss sich Carrara nicht nur gegenüber dem Stein verarbeitenden Zentrum um Verona im eigenen Land behaupten, sondern auch gegenüber solchen Zentren in China, Indien und Brasilien. Die Finanzkrise von 2008 wirkte sich auch in einem starken Rückgang der Umsätze der Stein verarbeitenden Betriebe Carraras aus, die großteils exportorientiert sind, mit entsprechenden Auswirkungen auf die wirtschaftliche Situation der Stein verarbeitenden Betriebe, deren Arbeitsplätze und die Stadtentwicklung.

Zwischen 2014 und 2015 starben insgesamt sechs Arbeiter in den Marmorbrüchen, weshalb die Arbeitsbedingungen kritisiert werden. Im April 2016 kam es zu einem 2000-Tonnen Felsrutsch, möglicherweise ausgelöst durch Abbauarbeiten, bei dem zwei Arbeiter verschüttet wurden und starben.[11][12]

↑ a b Luciana und Tiziano Mannoni: Marmor. S. 181 f. ↑ a b Luciana und Tiziano Mannoni: Marmor. S. 191 ↑ a b Luciana und Tiziano Mannoni: Marmor. S. 201 Luciana und Tiziano Mannoni: Marmor S. 194 ↑ a b Luciana und Tiziano Mannoni: Marmor. S. 212 Luciana und Tiziano Mannoni: Marmor. S. 208 Information auf massacarrara-live.it (Memento des Originals vom 9. Juli 2012 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.massacarrara-live.it Abgerufen am 26. Februar 2010 Heike Demmel: Das Massaker von Sant’Anna di Stazzema. In: resistenza.de. Abgerufen am 16. September 2018. Wolfgang Most: Carrara: Marmorstadt und Zentrum des anarchistischen Widerstands. In: resistenza.de. Abgerufen am 16. September 2018. Luciana und Tiziano Mannoni: Marmor. S. 216 Steinlawine in Carrara-Marmorbruch: Zwei Tote. In: orf.at, 15. April 2016, abgerufen am 15. April 2016. Cronaca: Carrara, frana alla cava: trovati morti i due operai. In: adnkronos.com, 15. April 2016, abgerufen am 15. April 2016. (italienisch)
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