Sheshi Skënderbej

( Skanderbeg-Platz )

Der Skanderbeg-Platz (albanisch Sheshi Skënderbej) ist der Hauptplatz der albanischen Hauptstadt Tirana. Er liegt zentral in der Stadt umgeben von öffentlichen Gebäuden; mehrere Straßen enden hier aus allen Richtungen kommend.

Benannt ist er nach dem albanischen Nationalhelden Skanderbeg. Seine Gesamtfläche beträgt etwa 38.000 Quadratmeter – ein Großteil ist heute verkehrsbefreite Fußgängerzone. Der Platz ist wirtschaftlich, kulturell, infrastrukturell und politisch das Zentrum des Landes.

Frühe Stadtplanung  Ansicht des Ortszentrums von Tirana (1914), das dargestellte Viertel wurde später gänzlich abgerissen und ist heute der Nordteil des Platzes

Im Jahr 1917 wurde während der Besetzung durch Österreich-Ungarn im Ersten Weltkrieg ein öffentlicher Stadtplatz angelegt, aus dem sich später der Skanderbeg-Platz entwickelte.[1] Jedoch wurde diese Fläche westlich des Basars schon früher als Sheshi Skënderbej oder Sheshi i Tregut bezeichnet, auch wenn es noch wenig von einem Platz hatte.[2][3] Ein von den Österreichern 1917 erbautes Offizierskasino steht noch heute – genutzt als Puppentheater – am Südwestrand des Platzes. Nachdem Tirana 1920 zur Hauptstadt erkoren worden war und die Einwohnerzahl rasch anstieg, entstanden in der Folge mehrere Bebauungspläne, die alle einen zentralen Platz an dieser Stelle vorsahen, der von der Nord-Süd-Achse durch Tiranas Zentrum, im Norden der Bulevardi Zogu I., im Süden der Bulevardi Dëshmorët e Kombit, durchschnitten wird. Erste breite, gerade Straßenzüge wurden durch das Häusergewirr angelegt.[1]

 Teil des Platzes bei der Et’hem-Bey-Moschee (1943)

Erst in den späten 1930er Jahren war der Skanderbeg-Platz fertiggestellt. In dessen Zentrum stand eine kreisrunde Brunnenanlage, die 1944 im Krieg zerstört und nicht mehr ersetzt worden ist.[1] Gegenüber der Et’hem-Bey-Moschee stand das Rathaus aus dem Jahr 1930, links davon im spitzen Winkel zwischen der Kavaja- und der Durrës-Straße das Café Kursaal.[1] Beide Gebäude, Rathaus und Café, wurden im Rahmen späterer Umgestaltungen des Platzes abgebrochen. Weitere geplante Gebäude in der nördlichen Hälfte waren nie realisiert worden.[4] Die Nordost-Ecke des Platzes bildete den Übergang zum Bazar-Viertel. Südlich des Brunnens schloss sich die ovale Anlage mit den Ministerien an. Diese bildeten damals noch den südlichen Abschluss der Stadt, aber eine Ausdehnung darüber hinaus war schon lange geplant.[1] Daneben entstand am westlichen Rand des Platzes etwas zurückgesetzt noch der Hauptsitz der Nationalbank.[5]

Sozialismus

Nach dem Krieg wurde der Skanderbeg-Platz mehrfach umgestaltet.[6] Bazar-Viertel mit orthodoxer Kathedrale und Rathaus mussten den neuen Monumentalgebäuden Platz machen, als der Skanderbeg-Platz ab den 1960er Jahren neu gestaltet wurde, um Platz zu schaffen für eine weite Fläche für politische Veranstaltungen und Kundgebungen vor der Kulisse von stalinistisch geprägten Monumentalbauten.[3] Der Kulturpalast entstand als erster Neubau im Stil moderner sozialistischer Architektur mit einem hohen Portikus aus 18 Säulen in den Jahren 1960–1966.[7] 1979 wurde das Hotel Tirana, bis weit in die 1990er Jahre mit 15 Stockwerken das höchste Gebäude der Stadt, eingeweiht.[8] Zwei Jahre später wurde das Nationalmuseum eingeweiht, für das der Platz nochmals – nach Westen – erweitert wurde. Die anfangs unbebaute Rasenfläche davor musste nach dem Tod von Enver Hoxha weichen, als eine große Statue zu seinen Ehren dort errichtet wurde.[1] Der Platz diente damals und zu Hoxhas Lebzeiten vor allem seiner Repräsentation.[5]

Dem Namensgeber Skanderbeg zu Ehren wurde anlässlich seines 500. Todestags im Jahr 1968 im Mittelpunkt des Platzes eine elf Meter hohe, bronzene Reiterstatue errichtet. Das Denkmal wurde von Odhise Paskali entworfen. Das Monument von Josef Stalin, das zuvor an dieser Stelle stand, wurde versetzt.

1988 wurde im westlichen Bereich des Platzes vor dem Museum eine monumentale Statue von Enver Hoxha enthüllt – ein Werk des Bildhauers Shaban Hadëri und des Malers Sali Shijaku.[9]

Der Platz zur sozialistischen Zeit
 
Straßenansicht der Nordostseite (1978)
 
Blick nach Süden über den Skanderbeg-Platz (1988)
1990er-Jahre

Der Skanderbeg-Platz war seit dem Zusammenbruch des kommunistischen Systems stark vom Autoverkehr geprägt.[5] Als zentraler Knotenpunkt verband er nunmehr viele Stadtteile miteinander. Davor in den 1980er Jahren gab es keine Verkehrsregelung – die sehr wenigen Fahrzeuge querten den Platz fast beliebig. Später wurde ein großer Kreisverkehr eingeführt und das Befahren der Flächen in der Mitte verboten, so dass diese zu teils schwer zugänglichen Inseln im wilden Verkehr wurden.

Die Hoxha-Statue auf dem nordwestlichen Teil des Platzes wurde im Februar 1991 bei den Studentenprotesten gestürzt. Während des Transformationsprozesses fanden auf dem Skanderbeg-Platz wiederholt politische Kundgebungen und Demonstrationen statt. Aber auch Konzerte wurden auf der Bühne vor dem Kulturpalast durchgeführt, so zum Beispiel 1999 ein Konzert von DJ Bobo mit 150.000 Zuschauern.[10] In den 1990er Jahren standen auf dem Platz auch einige Jahrmarkt-Geschäfte neben unzähligen kleinen Verkaufsbuden, wie sie damals überall in der Stadt standen.[3]

 
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Blick nach Westen vom Minarett der Et’hem-Bey-Moschee (aufgenommen ca. 2004)
Nach 2000

Der damalige Bürgermeister Edi Rama (PS) verfolgte ab dem Jahr 2008 Pläne zur Umgestaltung, um den Platz zu modernisieren und zu europäisieren. Er veranstaltete zusammen mit der Stadtverwaltung und Experten einen internationalen Wettbewerb, welchen 2008 das Architektur-Studio 51n4e gewann. Die Umbauarbeiten begannen im März 2010, verzögerten sich aber, weil die von der Demokratischen Partei dominierte Landesregierung Einspruch erhob.[11] Sie sollten 2012 beendet werden. Die Rekonstruktion sah eine Umstrukturierung des Platzes in eine Fußgänger- und ÖV-Zone vor, um ihn eine klare Bestimmung zu geben.[5] Der gesamte Verkehr sollte auf Umfahrungsstraßen umgeleitet werden. Die Baukosten sollten sich auf etwa 11,5 Millionen Euro belaufen. Zwischen der Nationalbank und dem Museum war ein neues Gebäude geplant, das den Platz klarer abschließt. Zudem waren rund um den Platz noch einige Hochhäuser geplant, darunter den bereits fertiggestellten TID Tower.[5]

„Im Zentrum der Stadt findet man noch heute, was ganz am Beginn stand: Die Moschee, das Herz jenes osmanischen Dorfes vor hundert Jahren. Heute bilden der Platz und der von ihm ausgehende Boulevard das Herz der Stadt. Umrahmt von den Gebäuden aus der italienisch-faschistischen Periode und dem Kulturpalast, der das Symbol unserer politischen Liebesgeschichte mit der Sowjetunion ist. Unweit davon befindet sich das Hotel Tirana, das Symbol unserer politischen Liebesgeschichte mit China, dann das Nationalmuseum, ein Symbol unseres Narzissmus und unserer Selbstisolation. Und dann sind da noch die leeren Flächen, die von den gestürzten Denkmälern zurückgelassen wurden und uns an die Leere erinnern, in der wir nach wie vor in einem Spannungsfeld zwischen Vergangenheit und Zukunft gefangen sind. In diese Leere versuchen wir nun, den Platz der Zukunft zu bauen.“

Edi Rama[12]
 Zentrale Teile des Platzes im Sommer 2012 nach Abschluss der Umgestaltung Grünfläche und Denkmal in der Mitte des damals neu gestalteten Platzes (2014)

Nach der Abwahl von Rama im Sommer 2011 und der Wahl des Demokraten Lulzim Basha zum neuen Bürgermeister wurde ein neuer Gestaltungsplan realisiert, der mehr Grünflächen vorsah und den Autoverkehr nicht vom Platz verbannt. Anstatt Grau dominierte jetzt Grün: Der südliche Teil zwischen den Ministerien ist eine Rasenfläche, die sich nach Norden bis in die Mitte des Kulturpalastes zieht. Rasen findet sich auch auf dem Platz vor der Bank, wie auch ein Streifen vor dem Kulturpalast begrünt wurde. Die Brunnenanlage im nördlichen Bereich wurde zugunsten einer weiten, gepflasterten Fläche abgerissen. Im westlichen Teil gibt es jetzt eine kleine Parkanlage mit vielen neu gepflanzten Bäumen, wofür auch ein Straßenstück rückgebaut wurde. Für das Projekt ab 2010 wurde vom Staat Kuwait ein Zuschuss in Höhe von zehn Millionen Euro bereitgestellt.[13]

Der Autoverkehr wurde noch immer in einem großen Kreisverkehr um den zentralen und südlichen Teil herumgeführt. Schmalere Fahrbahnen, Radwege und Verkehrsinseln geben Fußgängern und Fahrradfahrern neuen Raum und Sicherheit.

Heutige Form

2016 wurde unter dem neuen Bürgermeister Erion Veliaj erneut begonnen, den Platz umzugestalten mit dem Ziel, ihn vom Verkehr zu befreien und in eine große Fußgängerzone zu verwandeln. Zudem wurde im westlichen Bereich ein unterirdisches Parkhaus errichtet. Veliaj griff damit im Wesentlichen den Plan seines Vorgängers Edi Rama auf. Ziel war es, eine verkehrsfreie Fläche wie in früheren Zeiten zu gestalten und so der Öffentlichkeit, insbesondere auch Kindern und Jugendlichen, einen Raum für Freizeitaktivitäten zu bieten.[14] Die 13,5 Millionen Euro teure Umgestaltung wurde im Juni 2017 eingeweiht. Das Projekt wurde von den Vereinigten Arabischen Emiraten finanziert.[15] Der Auflösung der Verkehrsflächen gingen regelmäßige autofreie Tage voraus, die gezielt mit Attraktionen für Kinder und junge Familien ausgestaltet worden waren und so die Akzeptanz der Bevölkerung für die Verbannung der Autos förderten.[14]

Der Platz wird oft für Veranstaltungen und Aktivitäten genutzt. Es gibt Weihnachtsmärkte, Sportveranstaltungen, Konzerte – aber auch Raum für Spiel und kostenlose Aktivitäten.[14]

↑ a b c d e f Artan Shkreli: 25 Jahre Stadtplanung in Tirana von 1916-1941. In: Adolph Stiller (Hrsg.): Tirana. Architektur im Ringturm XXII. Müry Salzmann Verlag, Salzburg/Wien 2010, ISBN 978-3-99014-030-7, S. 20–37. K.u.K. Kriegsmappierungsabteilung Nr. 7, Hauptmann v. Milius: Stadtplan von Tirana (April 1917). In: Adolph Stiller (Hrsg.): Tirana. Architektur im Ringturm XXII. Müry Salzmann Verlag, Salzburg/Wien 2010, ISBN 978-3-99014-030-7, S. 10. ↑ a b c Referenzfehler: Ungültiges <ref>-Tag; kein Text angegeben für Einzelnachweis mit dem Namen ud. Armand Vokshi: Tracce dell'architettura italiana in Albania 1925–1943. DNA Editrice, Firenze 2014, ISBN 978-88-903947-4-4, S. 140. ↑ a b c d e Referenzfehler: Ungültiges <ref>-Tag; kein Text angegeben für Einzelnachweis mit dem Namen konzept. Katia Accossato: Tirana: Von der Form zur Nicht-Form. In: Adolph Stiller (Hrsg.): Tirana. Architektur im Ringturm XXII. Müry Salzmann Verlag, Salzburg/Wien 2010, ISBN 978-3-99014-030-7, S. 43–57. Carthalia. Abgerufen am 28. Januar 2011 (englisch). Tirana International (Hrsg.): Tirana International – 30 Years of History. Tirana 2009. Mammoth Meeting in the Capital on the Occasion of the 80th Anniversary of the Birth of Comrade Enver Hoxha and the Inaugruaiton of his Monument. In: Albania Today. Nr. 5. Tirana 1988, S. 8 (Digitalisat [PDF; abgerufen am 29. September 2022]). Open Hearts – vom kleinen Engagement bis zum internationalen Auftritt. Archiviert vom Original am 8. April 2012; abgerufen am 11. September 2011. Der Streit um das Ding in der Mitte. In: albanien.ch. 6. April 2010, abgerufen am 11. September 2011. Moritz Haller: Über die Zukunft hinaus (Interview mit Edi Rama). In: Adolph Stiller (Hrsg.): Tirana. Architektur im Ringturm XXII. Müry Salzmann Verlag, Salzburg/Wien 2010, ISBN 978-3-99014-030-7, S. 75–83. http://www.kuna.net.kw/ArticleDetails.aspx?id=2195004&language=en ↑ a b c Feargus O'Sullivan: Rebuilding a City from the Eye of a Child. In: Citylab. 17. Dezember 2018, abgerufen am 4. Januar 2019 (englisch). Hapet “Xhevahiri i Rilindjes Urbane”, startoi i financuar nga arabët
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