Kontext von Bretagne

Die Bretagne (französisch [bʀəˈtaɲ(ə)], bretonisch Breizh, je nach Gegend [brɛɪ̯s] oder [brɛɪ̯h] ausgesprochen, deutsch veraltet auch Kleinbritannien) ist eine westfranzösische Region. Sie besteht heute aus den Départements Côtes-d’Armor (bretonisch Aodoù-an-Arvor), Finistère (bretonisch Penn-ar-Bed), Ille-et-Vilaine (bretonisch Il-ha-Gwilen) und Morbihan (bretonisch Mor-bihan). Die Region hat eine Fläche von 27.208 km² und 3.373.835 Einwohner (Stand 1. Januar 2020). HaWeiterlesen

Die Bretagne (französisch [bʀəˈtaɲ(ə)], bretonisch Breizh, je nach Gegend [brɛɪ̯s] oder [brɛɪ̯h] ausgesprochen, deutsch veraltet auch Kleinbritannien) ist eine westfranzösische Region. Sie besteht heute aus den Départements Côtes-d’Armor (bretonisch Aodoù-an-Arvor), Finistère (bretonisch Penn-ar-Bed), Ille-et-Vilaine (bretonisch Il-ha-Gwilen) und Morbihan (bretonisch Mor-bihan). Die Region hat eine Fläche von 27.208 km² und 3.373.835 Einwohner (Stand 1. Januar 2020). Hauptstadt der Region ist Rennes (bretonisch Roazhon).

Das Département Loire-Atlantique (bretonisch Liger-Atlantel), das zum historischen Herzogtum Bretagne gehörte, wurde bei Schaffung der Regionen der Französischen Republik in den 1960er Jahren mitsamt der alten bretonischen Hauptstadt Nantes (bretonisch Naoned) von der Bretagne abgespalten.

Die Bretagne ist die größte Halbinsel Frankreichs und der westlichste Ausläufer des europäischen Festlands nördlich der Iberischen Halbinsel. Die Gallier nannten dieses Land Aremorica (bretonisch Arvorig), was so viel bedeutet wie „Land am Meer“. Die Einwohner der Bretagne heißen Bretonen.

Mehr über Bretagne

Grundinformation
  • Internet Domäne .bzh
Population, Area & Driving side
  • Bevölkerung 4687381
  • Fläche 34022
Verlauf
  •  
    Steinzeitliche Pfeilspitze aus der Bretagne

    Die Bretagne war bereits in der Altsteinzeit besiedelt, wie vereinzelte Werkzeugfunde aus der Acheuléen-Kultur belegen. Aus der Mittelsteinzeit sind nur wenige Spuren menschlicher Besiedelung, nämlich vor allem Schaber der Moustérien-Industrie, bekannt, während Felsmalereien und behauene Feuersteine fehlen. Während die Menschen bis dahin von Jagd, Fischfang und Sammeln gelebt hatten, wurden sie ab 5000 v. Chr. sesshaft und betrieben in der Jungsteinzeit Viehhaltung und Ackerbau. In dieser Zeit entstanden auch die Megalithanlagen. Die meisten (Dolmen, Tumuli und Menhire) wurden zwischen 4500 und 2000 v. Chr. errichtet beziehungsweise genutzt.

    Aus der anschließenden Frühbronzezeit (beginnend zwischen 2000 und 1800 v. Chr.) belegen reiche Grabfunde (Dolchgräber der Serie I und II) Kontakte mit England (Wessex-Kultur), Dänemark und Süddeutschland (Singener Gruppe). In der Bronzezeit war die Bretagne wegen ihrer Metallvorkommen ein wichtiger Handelsplatz, was man aus zahlreichen weiteren umfangreichen Hortfunden schließen kann. Die bretonischen Bronzeäxte mit geraden Schäften (1200 bis 1000 v. Chr.) waren in ganz Nordeuropa verbreitet.[1]

    Die in der Bretagne vergleichsweise spät, nämlich ab dem 6. Jahrhundert v. Chr. beginnende Eisenzeit war geprägt von der Einwanderung der Kelten, die das Land Aremorica oder Armorica („Land am Meer“) nannten. Sie verdrängten nicht die gesamte bereits ansässige Bevölkerung, beendeten jedoch die Bronzekultur auf der Halbinsel vollständig. Während Eisenfunde aus dieser Epoche eher selten sind, zeugen Keramikfunde von einer vielfältigen Töpfereikultur. Befestigte Siedlungen (Oppida) befanden sich auf Landzungen, Hügeln sowie in umfriedeten Wehranlagen. Im 2. Jahrhundert v. Chr. lebten auf der bretonischen Halbinsel fünf keltische Stämme: die Veneter im Süden, die Osismier im Nordwesten, die Redonen im Osten, die Curiosoliten im Norden, die Namneten im Südosten. Sie bildeten keine Einheit, sondern lebten in Konkurrenz zueinander. Am mächtigsten waren die Veneter, die im 1. Jahrhundert v. Chr. alle anderen Stämme beherrschten. Sie standen an der Spitze des Bundes aller Stämme dieser Region, die den Römern ab 58 v. Chr. Widerstand leisteten.

    Im Jahr 56 v. Chr. besiegte Gaius Iulius Caesar mit seinen Legionen nahezu die gesamte venetische Flotte in einer verheerenden Seeschlacht und beendete damit die wirtschaftliche Blüte dieses Stammes ebenso wie die gallische Vorherrschaft in der Schifffahrt. Die Romanisierung der Bretagne begann unmittelbar nach der Eroberung und bestand neben dem Siegeszug römischer Administration, Architektur und Straßenführung in erster Linie in der Gründung römischer Städte wie Portus Namnetus (Nantes), Condate (Rennes), Darioritum (Vannes), Vorgium (Carhaix-Plouguer) und Fanum Martis (bzw. Civitas Coriosolitum, heute Corseul). Beendet war sie jedoch erst gegen Ende der Spätantike. Zu diesem Zeitpunkt war die keltische Sprache Galliens, das Gallische, vermutlich fast vollständig verschwunden.

    Bretonische Einwanderung

    Schon zur Zeit der römischen Kolonisation hatten intensive Kontakte zwischen der aremoricanischen Halbinsel und Großbritannien bestanden. Im späten 4. Jahrhundert gehörten die befestigten Städte und Kastelle an der Küste zum Limes der sogenannten Sachsenküste, dessen Besatzungen unter dem Befehl eines Dux tractus Armoricani et Nervicani standen.[2] Nach Abzug der römischen Armee zu Anfang des 5. Jahrhunderts unter Kaiser Honorius vertrieben die Provinzialen um 409 die römischen Verwaltungsbeamten und erklärten sich für unabhängig.[3] Germanus von Auxerre reiste 437 an den kaiserlichen Hof in Ravenna, um Nachsicht für die Bewohner von Aremorica zu erlangen. Der einflussreiche römische Heermeister Flavius Aëtius hatte alanische Truppen zu einer Strafexpedition gegen die dortigen Bagauden entsandt, die sich unter Führung eines gewissen Tibatto erhoben hatten. Die aremoricanischen Stammesführer und Städte schlossen sich in weiterer Folge gegen angelsächsische Plünderer zu einem Schutzbund zusammen, der bis zur Eroberung des Landes durch den Frankenkönig Chlodwig I. um 500 bestand.

    In der Zeit des Niedergangs des Weströmischen Reiches, ab etwa 450 n. Chr., wanderten christianisierte Kelten aus Britannien (Britonen) auf die bretonische Halbinsel ein, während sich die Siedlungsgebiete der noch heidnischen Sachsen, Angeln und Jüten auf der britischen Insel ausweiteten. Die einwandernden „Inselkelten“ besiedelten und christianisierten Aremorica und brachten ihre Sprache in diesen Teil des bereits romanisierten Galliens. Das Bretonische geht demnach nicht auf die etwa zu Caesars Zeit in der Bretagne gesprochene keltische Sprache zurück. Im Zuge des Wiederauflebens der Kultur durch die britische Einwanderung wurde der Einfluss der Galloromanen zurückgedrängt, bis sie ihre Vorherrschaft um 580 einbüßten. Einzelne Autoren nehmen an, dass Reste der alten festlandkeltischen Sprache der Bretagne überlebt hatten und nach Ankunft der Briten mit deren Keltisch verschmolzen. So geht nach François Falc’hun der bretonische Dialekt der Gegend von Vannes auf die ursprüngliche keltische Sprache Aremoricas zurück.[4]

    Königreich, Karolinger, Herzogtum Bretagne
     
    Festungen und Garnisonsstädte in der Bretonischen Mark
     
    Ungefähre Grenzen des Königreichs Bretagne 845–867

    Im Jahr 497 unterwarfen sich die Bretonen dem fränkischen König Chlodwig I., doch die Oberhoheit der Merowinger blieb lockerer Natur, ehe sie nach der ersten Fränkischen Reichsteilung bzw. dem Tod von Chlodwigs Sohn Childebert I. abgeworfen wurde. Um 600 gründeten die Bretonen nach internen Kämpfen ein Königreich, das 200 Jahre Bestand hatte und 799 von Karl dem Großen zerschlagen wurde.

    Karl machte 786 die östliche Bretagne zur Bretonischen Mark und damit zum Teil des Frankenreiches; erster Markgraf wurde Hruotland. Nach der Reichsteilung im Jahr 843 besiegte der bretonische Graf Nominoë den westfränkischen König Karl den Kahlen 845 in der Schlacht von Ballon und eroberte 850 Nantes. Zum Kerngebiet der historischen Bretagne zählt neben dem Gebiet der obengenannten vier Départements seit 851 auch das heutige Département Loire-Atlantique (bretonisch Liger-Atlantel).

    Nach Nominoës Tod (851) kam es zu Streitigkeiten zwischen einzelnen Territorien. Zwar verbündete sich Nominoës Neffe Salomon mit den normannischen Wikingern und erhielt vom westfränkischen König Karl II. 867 den Königstitel sowie die Herrschaft über die Halbinsel Cotentin, um ihn zur Hilfe bei der Abwehr der Normannen zu bewegen. Doch 886 und 919 überrannten die Loire-Normannen Nantes und vertrieben die bretonischen Herrscher; spätestens 930 fiel das Contentin, in dem sich die Seine-Normannen festsetzten, an die Normandie. Von 952 bis 980 musste die Bretagne selbst die Oberhoheit der normannischen Herzöge anerkennen. So endete die Zeit des bretonischen Königtums, es folgte die Bildung kleinerer bretonischer Herzogtümer, zwischen denen es zu zahlreichen Territorialstreitigkeiten kam. Demgegenüber stabilisierte sich das Westfränkische Reich als Königreich Frankreich, und in der Normandie entstand das immer wieder in die Bretagne ausgreifende Herzogtum Normandie.

    Dennoch bewahrte die Bretagne in kriegerischen Auseinandersetzungen mit Normannen, Franzosen und Engländern noch bis ins 15. Jahrhundert ihre Selbständigkeit.

    Französische Feudalzeit
     
    Der bretonische Adelige Primauguet kämpfte und fiel für Frankreich in der Seeschlacht vor Brest (1512)

    Schließlich konnten die Herzogtümer den Bedrohungen ihrer Nachbarn nicht standhalten und riefen Frankreich und England um Hilfe an, die in den folgenden Jahren eigene Herrschaftsansprüche auf die Bretagne geltend machten. Beide Mächte waren Mitte des 14. Jahrhunderts auch in den 20 Jahre währenden Bretonischen Erbfolgekrieg verwickelt. Dabei gelang es dem Favoriten Englands, Jean de Montfort, die Herrschaft zu erringen und sich als Herzog der Bretagne durchzusetzen. Es folgte eine kulturelle und ökonomische Blütezeit, bis Herzog Franz II. 1488 in der Schlacht bei Saint-Aubin-du-Cormier den Franzosen unterlag.

    Anne de Bretagne (1477–1514), die Tochter Franz II., war die letzte unabhängige Herrscherin der Bretagne (und dabei die sechste Frau in dieser Stellung). Sie heiratete nacheinander zwei französische Könige: Karl VIII. im Jahr 1490 und dessen Onkel dritten Grades und Thronfolger Ludwig XII. 1499. Um die Thronfolge zu sichern, gebar Anne bereits in frühen Jahren ihre ersten Kinder (von insgesamt elf), von denen jedoch nur drei älter als drei Jahre wurden. Ihre Tochter, Claude de France, heiratete Franz I. Dieser proklamierte auf einer Ständeversammlung in der südbretonischen Stadt Vannes 1532 die Angliederung der Bretagne an das Königreich Frankreich. Noch 400 Jahre später fühlten sich bretonische Nationalisten als von Frankreich „besetzt“, was sich zum Beispiel in der Sprengung des Vereinigungsdenkmals in Rennes (bretonisch Roazhon) im Jahr 1932 manifestierte, die Célestin Lainé zugeschrieben wird.

    Neuzeit
     
    Als Teil der Verschwörung von Cellamare erhoben sich die Bretonen 1718 unter dem Marquis de Pontcallec. 1720 wurden er und drei Mitverschwörer hingerichtet

    Innerhalb Frankreichs kam der Bretagne vor allem eine maritime Rolle zu. Ab 1631 wurde Brest zum am stärksten befestigten Kriegshafen Frankreichs ausgebaut. In bretonischen Hafenstädten und Küstenorten wurden viele herausragender Offiziere der französischen Marine geboren; allein aus Saint-Malo stammten zum Beispiel Jacques Cartier, René Duguay-Trouin, Robert Surcouf und Martin Fourichon. Aus Brest stammte zum Beispiel der Schiffsbauingenieur Jacques-Noël Sané, aus Fougères der Admiral Luc Urbain du Bouëxic de Guichen, aus Rennes Admiral Toussaint-Guillaume Picquet de la Motte. Als Heimathäfen und Werften der französischen Atlantikflotte waren Brest, Lorient und Saint-Malo seit dem 17. Jahrhundert von großer strategischer Bedeutung, seit dem 19. Jahrhundert befindet sich in Lanvéoc bei Brest die französische Marineschule (École navale).

    Als Provinz Frankreichs bekam die Bretagne das Recht auf eine eigene Ständeversammlung (französisch États). Außerdem bestand das Parlement in Rennes, der oberste Gerichtshof der Bretagne, der die Rechte der Bretagne gegenüber der französischen Krone zu wahren hatte. Es wurde in der Französischen Revolution aufgelöst. Wirtschaftlich war die Periode nach der Angliederung an Frankreich von wachsendem Wohlstand namentlich der Küstenstädte geprägt, während das Hinterland arm und rückständig blieb. Die gärende Unzufriedenheit äußerte sich in der Stempelpapierrevolte von 1675, einem Aufstand gegen die königliche Besteuerung.

    Ab etwa 1700 entwickelte sich das mittelalterliche Bretonisch zur neubretonischen Sprache, was im Wesentlichen der wissenschaftlichen Erforschung der Sprache zu verdanken war. War es schon zuvor unter der französischen Herrschaft schwierig gewesen, die bretonische Sprache und Kultur zu erhalten, spitzte sich dies ab der Französischen Revolution zu. Den Revolutionären galt das keltische Idiom ebenso wie die katholische geprägte Kultur der bretonischen Bevölkerung als Ausdruck von Rückständigkeit und Aberglauben. So entwickelte sich eine konterrevolutionäre Guerilla, die Chouannerie. Ähnlich wie in der Vendée südlich der Loire kostete es die französische Republik viele Jahre und erhebliche Truppenkontingente, bis sie niedergeworfen wurde. Bretonische Sprache und Kultur blieben jedoch zunächst erhalten, wenn auch das Französische als Verwaltungs-, später auch Schulsprache der Französischen Republik kontinuierlich an Boden gewann.

    Aus Furcht, das Französische könne das Bretonische verwässern, wurde 1898 die Union Régionaliste Bretonne gegründet, die das Ziel hatte, den Gedanken einer unabhängigen Bretagne populär zu machen. Dazu kam die 1911 gegründete Fédération Régionaliste de Bretagne, die sich für die Autonomie der Bretagne einsetzte und die Zeitung Breiz Dishual („Freie Bretagne“) herausgab. Beide Gesellschaften mussten ihre Tätigkeit im Ersten Weltkrieg einstellen.

    Stattdessen gründeten rechte Intellektuelle die Zeitung Breiz Atao (Bretagne für immer), die für eine freie Bretagne in einem Europa ohne Grenzen eintrat, während extremere nationalistische Kreise 1934 die Nationalistische Bretonische Partei (PNB) gründeten, die sich dem Faschismus annäherte und die Untergrundorganisation Gwen ha du („Weiß und Schwarz“), benannt nach den Farben der bretonischen Flagge, ins Leben rief. Letztere versuchten ihre Bestrebungen mit Waffengewalt durchzusetzen.

    Zweiter Weltkrieg
     
    1941 wurde Loire-Atlantique (hellblau) von der Bretagne (dunkelblau) abgetrennt
     
    Der Unterstützung der Resistance verdächtigte Dorfbewohner werden von Besatzern verhört (Bretagne, Juli 1944)
     
    Operationsgebiet britisch-französischer Fallschirmjäger und der Resistance in der Bretagne im Juni und Juli 1944

    Nach dem wirtschaftlichen Aufschwung der 1930er Jahre brach der Zweite Weltkrieg aus. In Brest lagen bei Kriegsbeginn die modernen und kampfstarken Schlachtschiffe Richelieu und Dunkerque sowie der Unterseekreuzer Surcouf vor Anker. In Lorient wurde 1940 gerade der leichte Kreuzer De Grasse gebaut. In Saint-Nazaire (Département Loire-Atlantique) lagen die ebenso modernen Schwesterschiffe Dunkerque und Richelieu, die Strasbourg und die ebenfalls noch nicht fertiggestellte Jean Bart. Zwei Flugzeugträger, die Joffre und die Painlevé, sollten ebenfalls in Saint-Nazaire gebaut werden.

    Zunächst hatte die französische Regierung 1940 erwogen, sich nach dem Fall von Paris in das bretonische Reduit zurückzuziehen und dort mit Hilfe der französischen und britischen Flotte zu verschanzen. Wegen fehlenden Schutzes gegen deutsche Bomber wurde der Plan verworfen[5] und die Regierung floh nach Bordeaux bzw. Vichy. Der Befehlshaber des Marinebezirks Brest, Admiral Jean de Laborde, ließ am 16. Juni die in Brest lagernden Goldreserven Belgiens und Polens nach Dakar verschiffen. Die Richelieu, die Dunkerque und die Surcouf liefen zusammen mit 80 weiteren Kriegsschiffen und 76 Zivilschiffen von Brest nach Französisch-Westafrika bzw. Französisch-Algerien aus, von Lorient aus entkamen am 18. Juni 15 Kriegsschiffe und 35 Minensuchboote.[6] Aus Brest wurden 32.000 alliierte Soldaten evakuiert, aus Lorient 57.000. Auch die Strasbourg und die Jean Bart entkamen von Saint-Nazaire nach Französisch-Nordafrika. Die unfertige De Grasse in Lorient fiel am 19. Juni in die Hände der deutschen Eroberer, ebenso die unfertige Joffre in Saint-Nazaire.

    Nachdem die Bretagne fast kampflos an die deutschen Truppen gefallen war, bauten diese die Küsten zur Festungslinie aus. Den Hafen und das Arsenal von Brest, das die Franzosen beim Abzug zerstört hatten, wurde von den Deutschen ebenso wie Lorient als U-Boot-Hafen wiederaufgebaut. In Brest wurden die 1. und die 9. U-Flottille stationiert, in Lorient die 2. U-Flottille sowie in Saint-Nazaire die 6. und 7. U-Flottille. Von seinem Hauptquartier in Lorient aus führte Admiral Dönitz die U-Boote in die Atlantikschlacht. U-Boot-Häfen und Küstenbefestigungen waren Ziel alliierter Bombardierungen, dabei wurden die meisten Küstenstädte weitgehend zerstört.

    Die deutsche Besatzungsmacht förderte den gegen Paris gerichteten Autonomiegedanken.[7] Trotz vieler Kriegsopfer sahen einige Bretonen (zum Beispiel Célestin Lainé) in der Kollaboration mit Deutschland einen Weg in die gewünschte staatliche Unabhängigkeit der Bretagne. Mitglieder der Nationalistischen Bretonischen Partei (PNB) wirkten daran mit und circa 40 Bretonen trugen die Uniform der Waffen-SS (Bezen Perrot). Im Juli 1940 wurde ein bretonischer „Nationalrat“ in Pontivy eingesetzt, 1941 musste die französische Vichy-Regierung unter deutschem Druck Unterricht in bretonischer Sprache und Geschichte zulassen.[8]

    Ebenfalls 1941 wurde das Département Loire-Atlantique mit seiner Hauptstadt, Nantes, und dem Hafen von Saint-Nazaire ohne Volksabstimmung oder Zustimmung der örtlichen politischen Vertreter vom Rest der Bretagne abgetrennt. Diese Trennung besteht bis heute, obwohl nach Angaben bretonischer Autonomisten Umfragen einen Wiedervereinigungswillen der Bevölkerung von Loire-Atlantique mit der Region Bratagne ergaben.[9]

    Es gab jedoch auch Widerstand gegen die Besatzer. Nach der alliierten Landung in der Normandie im Juni 1944 landeten britische und französische Fallschirmtruppen auch in der Bretagne und verstärkten die Resistance. Im August 1944 war der Großteil der Bretagne befreit, im September fiel nach der Schlacht um die Bretagne auch Brest. Nur in den Kriegshäfen Lorient und Saint-Nazaire hielten sich die deutschen Besatzungen noch bis zum Kriegsende im Mai 1945 – einerseits einem sinnlosen Führerbefehl folgend, die Marinebasen um jeden Preis und bis zum letzten Mann zu halten, andererseits weil den Alliierten ein schneller Vorstoß nach Norden und Osten gegen Deutschland wichtiger war als die mühsame Bekämpfung der ohnehin blockierten letzten deutschen Garnisonen im äußersten Westen Frankreichs.

    Nach 1945

    Nach dem Zweiten Weltkrieg tauchten die als Kollaborateure diskreditierten Regionalisten unter, und liberale Kräfte nahmen sich der Wiederbelebung der bretonischen Sprache und Kultur an. Der französische Staatspräsident de Gaulle setzte im Jahr 1951 ein Komitee zur Förderung der Interessen der Bretagne ein. Mit Unterstützung der Regierung erlebte die Region einen wirtschaftlichen Aufschwung, der die weitere Abwanderung von Bretonen in andere Regionen Frankreichs verringerte. Die Bretagne wurde zur bedeutendsten Agrarregion und zur zweitwichtigsten Fremdenverkehrsregion nach der Côte d’Azur.

    Mit Beginn des Abbaus des Zentralismus im französischen Staatsaufbau und der Einrichtung der Regionen im Jahr 1960 entstand die Region Bretagne in den derzeitigen Grenzen. 1972 erhielt die Region den Status eines Établissements public unter Leitung eines Regionalpräfekten. Durch die Dezentralisierungsgesetze von 1982 erhielten die Regionen den Status von Collectivités territoriales (Gebietskörperschaften), wie ihn bis dahin nur die Gemeinden und die Départements besessen hatten. Im Jahr 1986 wurden die Regionalräte erstmals direkt von der Bevölkerung gewählt. Seitdem wurden die Befugnisse der Regionen gegenüber der Zentralregierung in Paris schrittweise erweitert.

    Das Arsenal von Brest war 1957 Herstellungsort und 1961–1997 Heimathafen des französischen Flugzeugträgers Clemenceau, seit 2001 ist der Hafen von Brest der Heimathafen des 1994 ebenfalls dort gebauten Flugzeugträgers Charles de Gaulle.

    1978 ereignete sich ein Tankerunglück (Amoco Cadiz) an der Küste der Bretagne, das die Küsten verschmutzte. 1999 sank der Tanker Erika südlich der Bretagne.

    Im Herbst 2013 kam es in der Bretagne zu Protesten gegen die französische und europäische Wirtschaftspolitik.[10]

    Michel Renouard: Liebenswerte Bretagne. Editions Ouest-France, Rennes 2007, S. 16. John Robert Martindale: Germanus 1. In: The Prosopography of the Later Roman Empire (PLRE). Band 2, Cambridge University Press, Cambridge 1980, ISBN 0-521-20159-4, S. 504–505. Zosimos, 6.5.3 Michel Renouard: Liebenswerte Bretagne. Editions Ouest-France, Rennes 2007, S. 6 f. André Maurois: Die Geschichte Frankreichs, Seite 622. Löwit Wiesbaden 1947 Frank Kurowski: Kreuzer – Auf allen Meeren, Seite 111–112; Pavillon Verlag München 1999 Erwin Karl Münz: Frankreich, Seite 27. Glock und Lutz, Nürnberg 1953 Michael Braga: Völker zur Freiheit, Seite 121–122; Arndt, Kiel 1982 bretagneenresistance Plattform gegen den französischen Zentralismus (Memento vom 11. August 2015 im Internet Archive) Wutausbruch gegen Paris. FAZ.net, 6. November 2013
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